Aus vielen Quellen zusammengetragen wurden alle zwischen 1. Jan. 2019 und 31. Juli 2020 publizierten offiziellen Suiziddaten. Für die Primäranalyse wurden die Trends der monatlichen Suizide vor der Pandemie (1. Jan. 2019 bis 31. März 2020) und in den ersten Monaten der Pandemie (1. April bis 31. Juli 2020) dargestellt.
Raten stabil oder gesunken
In keinem der 21 Länder oder Gebiete – 16 mit hohem und fünf mit mittlerem Einkommen – fanden sich Hinweise auf einen signifikanten Anstieg des Suizidrisikos seit Beginn der Pandemie. Basierend auf der beobachteten gegenüber der erwarteten Anzahl ergaben die Rate Ratios (RR) tatsächlich Hinweise auf einen Rückgang der Suizide in 12 Ländern bzw. Regionen, darunter in New South Wales/Australien (RR: 0,81), British Columbia/Kanada (RR: 0,76), Chile (RR: 0,85), Japan (RR: 0,94), Neuseeland (RR: 0,79), Südkorea (RR: 0,94), Kalifornien (RR: 0,90) und Ecuador (RR: 0,74) – und am stärksten in Leipzig (RR: 0,49; 95 %-KI: 0,32 - 0,74).
Von diesem Muster gab es (bei Betrachtung erweiterter Zeiträume) drei Ausnahmen: Die Suizide stiegen signifikant an in Wien (RR: 1,31), in Japan (RR: 1,05) und in Puerto Rico (RR: 1,29). Die hohe Armut in Puerto Rico – seit 2006 in einer tiefen Rezession – könnte die Auswirkungen der Pandemie verschärft haben.
Fehlende Daten armer Länder
In diesem Zusammenhang betonen die Autoren explizit fehlende Daten aus Ländern mit (sehr) niedrigen Einkommen, auf die 46 % aller Suizide weltweit entfallen und die durch die Pandemie besonders schwer betroffen sein könnten. Im Vergleich der Jahre 2020 vs. 2019 gab es Berichten zufolge in Malawi eine Zunahme der Suizide um 57 % (Jan. - Aug) und in Tunesien um 5 % (März - Mai). Gerade in den ärmeren Ländern ohne potenziell protektive Faktoren wie staatliche Finanzhilfen, warnen die Autoren, könnten sich die negativen Pandemie-Effekte auf die Suizide möglicherweise erst noch entfalten. JL