Detaillierte Hormon-Bestimmung bei Migräne

Neuro-Depesche 11-12/2018

Spielt Östrogen auch bei Männern eine Rolle?

Wie die menstruelle oder menstruationsassoziierte Migräne zeigen, sind Geschlechtshormone bei vielen Frauen wesentliche Einflussfaktoren. Nach einigen klinischen Hinweisen untersuchten jetzt niederländische Forscher die Rolle weiblicher Geschlechtshormone bei Männern mit Migräne. Kann Östrogen auch bei ihnen die Attacken triggern?

In einer Gruppe von 17 medikamentös unbehandelten Männern mit episodischer Migräne ohne Aura (durchschnittl. 2,8 Attacken/Monat) und 22 alters- und Body Mass Index-gematchten Kontrollen ohne Migräne wurde im Serum u. a. die Konzentration an 17b-Östradiol (E2) bestimmt und das freie Testosteron (Tf) errechnet. Die Blutentnahmen erfolgten bei allen Teilnehmern an einem einzigen Tag (um 9, 12, 15 und 18 Uhr), an dem die Migräne-Patienten kopfschmerzfrei waren. Im Anschluss wurden sie bei den Patienten an jedem folgenden Tag (drei bis vier Mal) solange wiederholt, bis eine Migräneattacke auftrat.
Gegenüber den Kontrollen wiesen die Männer mit Migräne erhöhte E2-Spiegel auf – sowohl absolut als auch in Relation zu Tf: Interiktal (an den attackenfreien Tagen) war die Tf/E2-Rate bei ihnen signifikant niedriger (3,9 vs. 5,0; p = 0,03). Dies ging bei vergleichbaren Tf-Serumwerten (357,5 vs. 332,6 pmol/l, p = 0,35) auf ihre erhöhten E2-Konzentrationen (96,8 vs. 69,1; p = 0,001) zurück.
Interessanterweise waren die präiktalen Tf-und E2-Werte bei jener Subgruppe von Männern mit Migräne, die üblicherweise Vorbotensymptome erlebten, signifikant höher (p = 0,03 bzw. p < 0,001) als bei jenen ohne Prodromi.
Die-Patienten wiesen außerdem nach dem Androgen Deficiency of Ageing Men (ADAM)-Fragebogen mit 61,1% vs. 27,3% signifikant häufiger einen Androgen-Mangel auf (p = 0,031) als die Kontrollen. Nach der Aging Males‘ Symptoms (AMS)-Skala waren ihre Mangelsymptome deutlich häufiger schwerer Natur (p = 0,006). Auch nach Adjustierung auf Alter und BMI fielen die AMS-Scores bei ihnen höher aus (27,0 vs. 21,0 Punkte; p = 0,002). HL
Kommentar

Nicht übergewichtige Männer mit Migräne wiesen interiktal erhöhte Östrogen-Spiegel sowie klinische Zeichen eines relativen Testosteron-Mangels auf. Nun sollte die Bedeutung des weiblichen Geschlechtshormons für die Modulation der Migräne-Suszeptibilität und -Aktivität weiter erforscht werden. Im Tiermodell war Östrogen mit der Cortical spreading depression (CSD) und der Aktivierung im trigeminovaskulären System assoziiert.

Quelle:

van Oosterhout W et al.: Female sex hormones in men with migraine. Neurology 2018, 4; e374-e381 [Epub 27. Juni; doi: 10.1212/WNL.0000000000005855]

ICD-Codes: G43.9

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