Zwangserkrankung bei Erwachsenen

Neuro-Depesche 5/2012

Spielen Anti-Basalganglien-Antikörper doch eine Rolle?

Zwischen dem Bild bei Zwangserkrankungen und der neuropsychiatrischen Symp­tomatik bei Tourette-Syndrom oder Streptokokken-assoziierten Erkrankungen wie z. B. der Sydenham-Chorea bestehen gewisse Ähnlichkeiten. In einer Querschnittsstudie prüften Ärzte des King's College London jetzt die seit geraumer Zeit bestehende These, dass gegen die Basalganglien gerichtete Antikörper bei Menschen mit einer Zwangserkrankung eine ätiologische Rolle spielen.

Auf eine Seropositivität und ggf. die Titer von Anti-Streptolysin- (ASOA) und Anti-Basalganglien-Antikörpern (ABGA) wurden 96 zwangserkrankte Patienten im Durchschnittsalter von 42 Jahren untersucht. Bei den ABGA wurden Western-Blot-Assays mit drei rekombinanten Antigenen (Aldolase C, neuronenspezifische Enolase und Pyruvatkinase) eingesetzt. Als Vergleichsgruppe dienten 33 Patienten mit einer unipolaren Depression und 17 mit einer chronischen Schizophrenie.

19 der 96 Patienten (19,8%) der Zwangsstörungsgruppe waren seropositiv für ABGA, aber nur 2 der 50 Kontrollen (4%). Der Unterschied war signifikant (p = 0,012). Mehrheitlich (in 13 der 19 Fälle) fanden sich in diesen positiven Sera Antikörper gegen das Enolase-Antigen. Allerdings korrelierte keine der demographischen oder klinischen Variablen mit dem ABGA-Status, auch nicht die Lebenszeitinzidenz an Streptokokken-Infektionen. Zwar zeigten einige Kategorien der Yale–Brown Obsessive-Compulsive Scale (Y–BOCS) signifikante Korrelationen, nicht aber die allgemeine Symptomschwere nach dem Y–BOCS-Gesamtscore.

<

Lesen Sie den ganzen Artikel

Fachgruppen-Login


Zugangsdaten vergessen?

Fazit
?! Antikörper gegen Streptokokken-Antigene könnten mit Proteinen im ZNS, besonders in den bei Zwangserkrankten involvierten Basalganglien, kreuzreagieren. Die signifikante Häufung der ABGA-Seropositivität in dieser kleinen Studie spricht trotz der fehlenden Zusammenhänge mit demographischen oder klinischen Merkmalen der Patienten für einen Einfluss zentraler autoimmunologischer Vorgänge auf die Entstehung von Zwangserkrankungen – zumindest bei einigen Patienten. Ob sich die identifizierten Antikörper wirklich (und ggf. auf welche Art) pathologisch auswirken, und ob vorherige Streptokokken-Infektionen mit der Krankheitsinzidenz bei vulnerablen Patienten in Zusammenhang stehen, bedarf der weiteren Überprüfung.

Alle im Rahmen dieses Internet-Angebots veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen und Zweitveröffentlichungen, vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung, Verlinkung oder Weiterverbreitung in jedem Medium als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

x