Pharmakotherapie der Epilepsie

Neuro-Depesche 5/2016

Spezifische Nebenwirkungen erkennen und vermeiden

Zertifizierte Fortbildung

Nicht-tolerierte Nebenwirkungen können die Epilepsie-Behandlung torpedieren. In einer Studie „aus dem echten Leben“ wurden am Epilepsiezentrum Berlin-Brandenburg der Charité ambulant behandelte Epilepsie-Patienten auf das Auftreten spezifischer Nebenwirkungen unter verschiedenen Antiepileptika-Monotherapien untersucht. Zudem wurde versucht, Prädiktoren für eine hohe Nebenwirkungslast zu identifizieren.

438 mit einer Monotherapie behandelte Patienten (61% weiblich) im Alter von 44,7 ± 17,1 Jahren konnten eingeschlossen werden. Levetiracetam (LEV, n = 151), Lamotrigin (LTG, n = 167), Valproinsäure (VPA, n = 73) und retardiertes Carbamazepin (CBZ, n = 47) waren die am häufigsten eingesetzten Antiepileptika (AED). 19 unerwünschte Ereignisse (UE) wurden mithilfe des Liverpool Adverse Event Profile (LAEP) erfasst (max. 76 Punkte).
Der durchschnittliche LAEP-Score betrug 37 Punkte. Häufigste LAEP-definierte spezifische UE waren Schläfrigkeit (47,7%), Konzentrationsstörungen (41,3%), Müdigkeit (39,0%) und Gedächtnisprobleme (37,9%). Unabhängige Prädiktoren für eine allgemein hohe Nebenwirkungslast (LAEP-Score ≥ 45; n = 91) waren die Epilepsie-Dauer (p = 0,001), das Fehlen einer zwölfmonatigen Anfallsfreiheit (p < 0,001) und das Leiden an einer partiellen Epilepsie (p = 0,006). Keine zwölfmonatige Anfallsfreiheit und eine partielle Epilepsie waren auch die häufigsten unabhängigen Prädiktoren für 13 bzw. 6 der 19 UE. Diese Faktoren prädizierten aber nicht die UE unter den einzelnen Wirkstoffen.
LEV ging unabhängig von anderen Variablen mit einer gehäuften Prävalenz von 5 der 19 spezifischen UE einher: Ärger/Aggression (Odds Ratio: 7,303), Nervosität/Agitation (OR: 5,364) Magenbeschwerden (OR: 5,406), Depression (OR: 3,021) und Schlafstörungen (OR: 2,372). Unter LTG waren 3 der 19 UE signifikant häufiger: Nervosität/Agitation (OR: 4,368), Magenbeschwerden (OR: 5,434) und Konzentrationsstörungen (OR: 2,610). Unter VPA traten gehäuft (2/19 UE) auf: Magenbeschwerden (OR 5,909) und Handtremor (OR: 4,678). CBZ zeigte keine signifikante Assoziation mit einer der 19 UE.
Der LAEP-Score war deutlich negativ mit dem Gesundheitszustand nach dem Patient Health Questionnaire for Depression (PHQ-D) und der Lebensqualität nach dem Quality of Life Inventory 31 (QOLIE-31) assoziiert (je p < 0,001), jedoch korrelierte er überraschenderweise nur teilweise mit der jeweiligen AED-Dosis. JL
Kommentar

Die Ergebnisse dieser Auswertung können helfen, Epilepsie-Patienten mit erhöhten Risiken für spezifische Nebenwirkungen zu identifizieren. Die Konzentrationsstörungen unter LTG hatten sich in bisherigen Studien kaum abgebildet, das Fehlen spezifischer UE unter CBZ führen die Autoren auf einen Selektionsbias zurück. Dosisreduktionen oder die Umstellung auf andere Antiepileptika, schlussfolgern sie, können die Nebenwirkungslast insgesamt und damit möglicherweise auch die Nichtadhärenz reduzieren.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Kowski AB et al.: Specific adverse effects of antiepileptic drugs - a true-to-life monotherapy study. Epilepsy Behav 2016; 54: 150-7

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