Ängste und Angststörungen bei Jugendlichen

Neuro-Depesche 11-12/2022

Soziale Angststörung weit verbreitet

Zertifizierte Fortbildung
Es gibt nur relativ wenige Daten zur Prävalenz von sozialen Ängsten und einer sozialen Angststörung (SAD) im Jugendalter. Die Häufigkeit und Ausprägung von Ängsten und einer SAD wurde nun in Portugal untersucht. Die Punktprävalenz war hoch, bei Mädchen dopplt so hoch wie bei Jungen .
Eine Stichprobe von 1.495 Schulkindern (932 Mädchen) im Alter von 15 - 18 Jahren wurde mittels Social Anxiety Scale for Adolescents (SAS-A) auf soziale Ängste gescreent. Unter den Betroffenen kamen zur näheren Bestimmung etablierte Instrumente wie die Social Anxiety and Avoidance Scale for Adolescents (SAASA) zum Einsatz. Die Diagnose einer SAD erfolgte mittels Mini International Neuropsychiatric Interview for Children and Adolescents (MINI-KID) .
 
Ein Viertel mit Ängsten
388 der 1.495 Jugendlichen (26 %) wiesen nach eigenen Angaben starke soziale Ängste auf. Von den Betroffenen erklärten sich 209 bereit, sich einer Diagnostik zu unterziehen. Unter ihnen erhielten nach MINI-KID 140 (67 %) eine SAD-Diagnose, die bei 118 (56,5 %) die Primärdiagnose war. Diese Zahlen stimmten weitgehend mit den selbstberichteten sozialen Ängsten nach SAS-A überein. Das Ranking der drei SAASA-Kernkategorien zeigt die Abb. unten.
 
Mädchen häufiger betroffen
Von den 140 mit SAD diagnostizierten Jugendlichen waren etwa drei Viertel (76,4 %) Mädchen (n = 107) und ein Viertel (23,6 %) Jungen (n = 33). Bezogen auf die Gesamtstichprobe (n = 1.495) hatten also 9,4 % der Jugendlichen eine SAD-Diagnose erhalten. Dies entspricht einer SAD-Prävalenz von 11,2 % bei den Mädchen und 5,9 % bei den Jungen.
 
Hohe Behandlungsbereitschaft
Von den 140 Jugendlichen mit SAD befanden sich 12,9 % in psychologischer Behandlung. 65,7 % würden eine solche akzeptieren und traten in die Interventionsphase der Studie ein. 12,1 % der Jugendlichen lehnten eine Therapie ihrer Ängste ab. JL
 

 

Fazit
Offenbar ist eine undiagnostizierte SAD unter Jugendlichen, insbesondere unter Mädchen, sehr häufig. Die meisten Betroffenen dieser portugiesischen Stichprobe wurden nicht behandelt, waren aber bereit, sich helfen zu lassen. Diese Studie legt nahe, dass das schulische Setting genutzt werden sollte, psychische Gesundheitsprobleme in jungen Jahren zu erkennen und den Betroffenen möglicherweise auch schulbasierte Präventions- und/oder Interventionsprogramme anzubieten.


Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle: Alves F et al.: The prevalence of adolescent social fears and social anxiety disorder in school contexts. Int J Environ Res Public Health 2022 [Epub 30. Sep.; doi: 10.3390/ijerph191912458]

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