Ergebnisse einer Online-Umfrage

Neuro-Depesche 9/2022

Sexualität bei Erwachsenen mit ADHS

Beim Übergang von der Kindheit in die Adoleszenz ist die Etablierung einer sicheren sexuellen Identität ein wichtiges Entwicklungsziel. Wie sich die Sexualität von Erwachsenen mit ADHS gestaltet, wurde jetzt anhand einer anonymen Online-Umfrage in Deutschland untersucht. Frauen und Männer unterschieden sich deutlich.
Befragt wurden 206 per Internet rekrutierte Personen, davon 139 mit und 76 ohne ADHS. Die Symptomatik wurde mit Self-Report Wender-Reimherr Adult Attention Deficit Disorder Scale (SR-WRAADDS) erfasst, sexuelles Risikoverhalten mittes Sexual Risk Survey (SRS), Hypersexual Behavior Inventory (HBI-19) und Sexual Behavior Questionnaire-German Version (SBQ-G) abgefragt.
 
Unterschiede zwischen Männern und Frauen
Während sich in den Anteilen der sexuellen Orientierung, dem riskanten Sexualverhalten nach SRS oder bei sexuellen Funktionsstörungen nach SBQ-G keine signifikanten Unterschiede fanden, wiesen die ADHS-Patienten deutlich höhere Scores für hypersexuelles Verhalten nach HBI-19 auf als die Personen ohne ADHS (40,4 vs. 32,5; p = 0,002) – allerdings war der Anteil an Teilnehmern, die den HBI-19-Grenzwert (53 Punkte) für Hypersexualität überschritten, im Gesamtkollektiv nicht signifikant verschieden (34 % vs. 14,9 %; p = 0,12). Dieser Unterschied war gegenüber der Kontrollgruppe bei den Männern (45,5 % vs. 28,6 %) jedoch größer als bei den Frauen (14,9 % vs. 9,5 %).
Bei den Frauen mit ADHS war hypersexuelles Verhalten signifikant mit der ADHS-Symptomatik nach SR-WRAADDS assoziiert, vor allem mit den Subskalen-Werten für emotionale Dysregulation, Impulsivität und oppositionelles Verhalten. Letzteres traf bei ihnen auch auf die sexuelle Risikobereitschaft nach SRS zu.
Bei Männern mit ADHS waren die Zusammenhänge zwischen ADHS-Symptomatik und den Sexualitätsparametern weniger eindeutig, jedoch schienen auch bei ihnen dafür Zeichen einer emotionalen Dysregulation relevant zu sein. HL
Fazit
Menschen mit ADHS zeigten in dieser Online-Befragung vermehrt hypersexuelles Verhalten, vor allem betraf das die Männer. Aspekte der Sexualität sollten, so die Autoren, während der Arztbesuche nicht ausgeklammert, sondern vielmehr routinemäßig angesprochen werden.
Quelle: Hertz PG et al.: Sexuality in adults with ADHD: results of an online survey. Front Psychiatry 2022; 13 [Epub 16. Mai; doi: 10.3389/fpsyt.2022.868278]
ICD-Codes: F90.0

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