Postpartale Depression

Neuro-Depesche 4/2015

Schon im ersten Trimester vorbeugen?

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Bis zu 30% der Schwangeren entwickeln eine postpartale Depression. Häufig sind dies Frauen, die schon vor oder zu Beginn der Schwangerschaft depressiv waren. Türkische Psychiater untersuchten nun retrospektiv, wie sich die Behandlung oder Nichtbehandlung einer Depression im ersten Trimester auf postpartale Depressionen auswirkt.

Nach einem Screening mit der Edinburgh Postpartum Depression Scale (EPDS) wurde bei 78 von 463 Schwangeren im ersten Trimester nach dem Structured Clinical Interview for DSM-IV Axis I Disorders (SCID-I) eine (höchstens mittelschwer ausgeprägte) Depression diagnostiziert, 57 mit einer Major Depression, 12 mit einer Minor Depression, 2 mit einer Dysthymie und 7 mit einer Double Depression. Es lagen keine komorbiden psychiatrischen Erkrankungen vor. Alle Schwangeren wurden in eine psychiatrische Ambulanzklinik überwiesen.
Nach der Geburt konnten 73 Frauen erneut untersucht werden. 52 hatten im ersten Trimester trotz der Überweisung keine antidepressive Therapie in Anspruch genommen, die übrigen 21 (28,7%) hatten Psychopharmaka wie Sertralin Escitalopram etc. allein (n = 14; 66,7%), eine (interpersonelle) Psychotherapie allein (n = 5; 23,8%) oder eine Kombination der beiden (n = 2; 9,5%) erhalten.
In der Gruppe der behandelten Schwangeren besserten sich die Scores der EPDS für die Depression von durchschnittlich 15,61 auf 11,38 (p < 0,05), während sie sich in der Gruppe der Unbehandelten von durchschnittlich 18,76 auf 19,96 verschlechterten. Mehr noch: Unter den unbehandelten Schwangeren litten 48 der 52 Frauen (92%) postpartal an einer relevanten Depression, in der Gruppe der Behandelten wurde dagegen kein einziger Fall registriert (p < 0,01).
Darüber hinaus zeigten die im ersten Trimester behandelten Frauen nach der Geburt einen Zuwachs im Funktionsniveau (nach der General Assessment of Functionality, GAF) und eine bessere soziale Unterstützung durch Familie und Freunde (nach der Perceived Social Support from Friends and Family Scale, PSS-Fr bzw. PSS-Fa). In der unbehandelten Gruppe wurde postpartal eine Verschlechterung der subjektiven Einschätzung ihrer psychischen Gesundheit (nach dem General Health Questionnaire; GHQ) festgestellt.
Die Art der antidepressiven Behandlung hatte im Übrigen keinen wesentlichen Einfluss auf diese Ergebnisse. JL
KOMMENTAR

Obwohl die Fallzahlen gering waren, spricht diese naturalistische Studie sehr stark dafür, eine im ersten Trimester auftretende Depression unverzüglich zu behandeln, ob medikamentös, psychotherapeutisch oder mit beidem. Dafür bedarf es allerdings zunächst eines regelmäßig angewendeten und tauglichen Screeningverfahrens bei Schwangeren. Wie die Studie ebenfalls zeigt, scheinen sich sehr viele Betroffene gegen eine Therapie zu entscheiden, die betroffenen Frauen sollten eingehend motiviert werden.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Yazici E et al.: Untreated depression in the first trimester of pregnancy leads to postpartum depression: high rates from a natural follow-up study. Neuropsychiatr Dis Treat 2015; 11: 405-11

ICD-Codes: F53.0

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