Neuro-Depesche 10/2004

Schlaganfallrisiko durch Kontrazeptiva?

Orale Kontrazeptiva stehen im Verdacht, Schlaganfälle auszulösen. Ob auch bei Berücksichtigung moderner Apoplex-Kriterien und einer möglichst objektiven Studiendurchführung ein Risiko nachzuweisen ist, wurde in einer Metaanalyse untersucht.

In einer Literaturrecherche wurden 36 Publikationen zu vier Kohortenstudien und 16 Fall-Kontrollstudien ausfindig gemacht, in denen über einen Zusammenhang zwischen der Einnahme oraler Kontrazeptiva und einem Schlaganfall berichtet wurde. In der gepoolten Analyse der Odds ratios (OR) der Kohortenstudien ergab sich für einen Schlaganfall bei Einnahme oraler Kontrazeptiva kein erhöhtes Risiko (OR: 0,95). In der Analyse der Fall-Kontrollstudien war das Risiko dem hingegen aber erhöht (OR 2,13). Genauer untersucht betraf die Risikozunahme insbesondere die thrombotischen Hirninfarkte (OR 2,74), weniger die hämorrhagische Insulte (OR 1,30) und gar nicht Tod durch Schlaganfall (0,94). Subgruppenanalysen zeigten ein erhöhtes Risiko vor allem unter der aktuellen Einnahme von Präparaten mit hohem Östrogenanteil (> 50 µg) sowie bei Gestagen-Präparaten der zweiten und dritten Generation. Die Studienqualität war allerdings sehr heterogen, in den Auswertungen wurde weiteren potenziellen Schlaganfall-Risikofaktoren häufig kaum Rechnung getragen, nicht immer nach Hypertonie oder Raucherstatus stratifiziert. Aufgrund der Daten und der methodischen Fehler konstatieren die Autoren, dass zwischen oralen Kontrazeptiva (mit niedrigem Östrogenanteil) und Schlaganfall kein klarer Zusammenhang zu erkennen ist und dass möglicherweise überhaupt keine Risikoerhöhung vor-liegt. (bk)

Quelle: Chan, WS: Risk of stroke in women exposed to low-dose oral contraceptives: a critical evaluation of the evidence., Zeitschrift: ARCHIVES OF INTERNAL MEDICINE, Ausgabe 164 (2004), Seiten: 741-747

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