Corona-Viren mit Computergrafik dargestellt

Psychiatrische Störungen bei COVID-19-Patienten in New York

Neuro-Depesche 4/2021

Schizophrenie: Mortalitätsrisikofaktor Nr. 2

Zertifizierte Fortbildung
Bisher wurden Zusammenhänge zwischen psychiatrischer Diagnose und Sterblichkeit bei COVID-19-Infizierten nicht systematisch untersucht. Dies wurde jetzt in einer großen US-Studie nachgeholt. Schizophrene Patienten starben deutlich häufiger.
In der retrospektiven Kohortenstudie waren zwischen 3. März und 31. Mai 2020 in New York von 26.540 Patienten 7.348 (3.891 Frauen, 53,0 %) COVID-19-positiv. Die 999 Teilnehmer mit einer psychiatrischen ICD-10-Diagnose wurden mit 6.349 COVID-19-Infizierten ohne psychiatrische Störung als Referenz verglichen. Mortalität war definiert als Tod oder Entlassung in ein Hospiz innerhalb von 45 Tagen nach einem COVID-19-bedingten schweren akuten respiratorischen Syndrom. Das letzte Follow-up-Datum war der 15. Juli 2020.
 
Unterschiedliche Sterblichkeit
Unter den 7.348 COVID-19-positiven Patienten fand sich anamnestisch in 564 Fällen (7,7 %) eine Stimmungsstörung, in 360 (4,9 %) eine Angststörung und in 75 Fällen (1,0 %) eine Schizophrenie.
864 der 7.348 Patienten (11,8 %) verstarben, darunter 80 mit affektiver (21,4 %), 29 mit Angststörung (12,4 %) und 12 mit Schizophrenie (26,1 %). Bereinigt um demografische und medizinische Risikofaktoren wie Alter, Geschlecht, Nikotinkonsum, Hypertonie, Diabetes etc. ging eine prämorbide Schizophrenie-Diagnose signifikant mit einer um mehr als das Doppelte erhöhten COVID-19-Sterblichkeit einher (Odds Ratio [OR]: 2,67; 95 %-KI: 1,48 - 4,80).
Bei einer prämorbiden affektiven Störung war das Sterblichkeitsrisko dagegen nur sehr leicht und nicht-signifikant um 14 % erhöht (OR: 1,14; 95 %-KI: 0,87 - 1,49), bei einer zuvor bestehenden Angststörung gar nicht bzw. es war rein rechnerisch sogar leicht verringert (OR: 0,96; 95 %-KI: 0,65 - 1,41)
Als Risikofaktoren für die COVID-19-Mortalität rangierte die Schizophrenie-Dia-gnose gleich nach dem Alter (OR: 3,60 - 35,70) auf Rang 2. Danach folgten u. a. männliches Geschlecht (OR: 1,74) Herzinsuffizienz (OR: 1,65), nichtweiße Ethnie (OR: 1,49), Hypertonie (OR: 1,34) und Nichtraucher-Status (OR: 1,31). JL
Fazit
In dieser großen Kohorte war die prämorbide Schizophrenie-Diagnose nach dem Alter der stärkste Risikofaktor für die COVID-19-Mortalität. Eine Übersterblichkeit war erwartet worden, doch das Aumaß überraschte. Nun bliebe im Detail zu klären, welche biologischen, sozioökonomischen oder sonstigen Faktoren verantwortlich sind und wie diese eventuell zu beeinflussen sind.


Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle: Nemani K et al.: Association of psychiatric disorders with mortality among patients with COVID-19. JAMA Psychiatry 2021 [Epub 27. Jan.; doi: 10.1001/jamapsychiatry.2020.4442]
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