Intelligente Erwachsene

Neuro-Depesche 3/2000

Rumination durch viszerale Hypersensitivität?

Regurgitation, erneutes Kauen und Schlucken von Mageninhalt kurz nach der Nahrungsaufnahme, sind von Säuglingen oder geistig retardierten Personen als Ausdruck von Verhaltensstörungen bekannt. Immer häufiger wird die Aufmerksamkeit auf Erwachsene mit durchschnittlicher oder überdurchschnittlicher Intelligenz und mit Rumination gelenkt.

Da über möglicherweise zu Grunde liegende pathophysiologische Mechanismen des Syndroms im Gastrointestinaltrakt wenig bekannt ist, wurden die gastrische Wahrnehmung und der Druck an der unteren Ösophagusenge zwischen zwölf Patienten mit Rumination (10 Frauen, mittleres Alter 29 Jahre) und durchschnittlicher Symptomdauer von 2,6 Jahren sowie zwölf gesunden, alters- und geschlechtsentsprechenden Freiwilligen verglichen. Somatische Krankheiten bestanden nicht. Sechs der Patienten zeigten psychopathologische Befunde im "Minnesota Multiphasic Personality Inventory", zwei erhielten eine von einem klinischen Psychologen gestellte Diagnose. Die Patienten mit Rumination berichteten während unterschiedlichem intragastrischem Druck von ausgeprägterem Auftreten von Übelkeit und Blähungen als die Kontrollpersonen. Der Druckanstieg im Magen unterschied sich dagegen zwischen den Gruppen nicht. Diese Ergebnisse deuten auf eine viszerale perzeptive Hypersensitivität bei Rumination. Auch in der maximalen Toleranz eines schmerzhaften körperlichen Reizes (Eintauchen der Hand in Eiswasser) unterschieden sich die Gruppen nicht. Bei vergleichbarem Ausgangstonus an der unteren Ösophagusenge, zeigten die ruminierenden Patienten eine deutlichere Drucksenkung mit Dehnung des Magens. Diese gastroösophagealen sensiblen und motorischen Störungen könnten an der Regurgitation im Ruminationssyndrom beteiligt sein. Obwohl einige der Betroffenen auf die Behandlung eines gastroösophagealen Refluxes ansprechen, liegt der Schwerpunkt auf verhaltenstherapeutischen Maßnahmen, Mundhygiene und Verstärkung erwünschter Verhaltensweisen. Von Erwachsenen mit durchschnittlicher Intelligenz wurde von Rumination überwiegend in Zusammenhang mit Depression oder Essstörungen wie Bulimie berichtet. In einer größeren Studie mit 38 Erwachsenen und Jugendlichen waren die Patienten vor der Diagnosestellung in durchschnittlich 2 Jahren und 9 Monaten von im Mittel fünf Ärzten untersucht worden. 42% berichteten von deutlichen Körpergewichtsabnahmen, womit eine potentielle gesundheitliche Beeinträchtigung angedeutet ist.

Quelle: Thumshirn, M: New insights into the pathogenesis of rumination: what's coming up next, Zeitschrift: GASTROENTEROLOGY, Ausgabe 116 (1999), Seiten: 1006-1008

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