Jesidische Frauen und Mädchen

Neuro-Depesche 1-2/2019

PTBS, Depression und soziale Ablehnung

Im August 2014 griff der so genannte Islamische Staat die im nordwestlichen Irak lebenden Jesiden an. Sie entführten dabei geschätzte 6.800 Menschen und führten viele Frauen und Mädchen in sexuelle Sklaverei. Ein deutsch-kurdisches Team klinischer Psychologen befasste sich jetzt mit der psychischen Gesundheit der Jesidinnen, die diese Ereignisse überlebten. Nahezu alle litten unter einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS).

Zwischen Februar und Juli 2017 befragten zehn geschulte Psychologen 416 jesidische Frauen und Mädchen, die in Vertriebenenlagern in der irakischen Region Kurdistans lebten. 65 waren sexuell versklavt worden.
Die Befragten berichteten von einer großen Anzahl traumatischer Ereignisse. Diese fielen bei zuvor versklavten Mädchen und Frauen auf der War and Adversity Exposure Checklist deutlich höher aus bei dem Rest der Gruppe (12,15 vs. 5,79; p < 0,001).
Eine nach der PTSD Checklist for DSM-5 (PCL-5) diagnostizierte PTBS (Cut-off-Score 33) lag bei der Mehrheit der Befragten vor, war aber bei den ehemals versklavten Personen mit 98,5 % versus 88,9 % noch einmal signifikant häufiger. Bei einem kulturell angepassten Cut-off-Wert von 23 erfüllten 100 % vs. 97,2 % die DSM-5-Kriterien für eine PTBS. Auch Depressionssymptome nach der Hopkins Symptom Checklist-25 (Teil 2) waren bei den ehemals Versklavten signifikant stärker (p < 0,001).
Extreme Ausgrenzung in Familie und Ge-meinschaft berichteten 44,6 % der ehe-mals Versklavten. 40 % mieden wegen befürchteter Ablehnung/Stigmatisierung familiäre oder gesellschaftliche Treffen. Dabei wurde die Beziehung zwischen traumatischen Versklavungsereignissen und Depressionssymptomen zu einem großen Teil durch die soziale Ablehnung in der eigenen Gemeinschaft vermittelt. JL
Kommentar

Systematische Vergewaltigung und sexuelle Gewalt haben verheerende Auswirkungen auf die soziale, psychologische und körperliche Gesundheit. So waren Entführung und sexuelle Versklavung der jesidischen Frauen und Mädchen in hohem Maße traumatisierend, nahezu alle litten unter eine PTBS. Die dringend erforderliche Behandlung sollte eine Verstärkung der psychosozialen Unterstützung beinhalten.

Quelle:

Ibrahim H et al.: Trauma and perceived social rejection among Yazidi women and girls who survived enslavement and genocide. BMC Med 2018; 16(1): 154 [Epub 13. Sept.; doi: 10.1186/s12916-018-1140-5]

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