ADHS vs. andere Störungen

Neuro-Depesche 10/2015

Psychosoziale Probleme in der Pubertät

Eine schwedische Langzeitstudie beschäftigte sich mit der Frage, welches psychosoziale Outcome 15-Jährige haben, die als Kinder unter neuropsychologischen Störungen gelitten hatten. Der Fokus lag auf Kindern und Jugendlichen mit einer ADHS.

Die Forscher befragten Zwillingseltern mit Kindern im Alter zwischen neun und 12 Jahren. Von 247 Kindern (144 Jungen, 103 Mädchen) litten 95 unter einer ADHS sowie u. a. 74 unter Lernschwäche, 35 unter TIC-Störung, 27 unter Autismus, etc., 157 waren unauffällige Geschwister. Als Kontrollgruppe dienten 46 geworsunde Nicht-Zwillinge. Im Alter von 15 Jahren wurden schulische Leistungen, Sozialverhalten, Alkohol- und Drogenmissbrauch sowie Funktionalität im Alltag (mit der Children’s Global Assessment Scale, CGAS) erfasst.
Unter allen Jugendlichen war antisoziales Verhalten mit 51,8% am häufigsten, gefolgt von Alkoholmissbrauch mit 28,9%. Zudem wurden Probleme mit Gleichaltrigen (23,6%), in der Schule (23,6%) sowie im Tagesablauf (15,3%) berichtet. Rund 15% hatten bereits Drogen konsumiert. Nur bei etwa 20% lagen keine derartigen Auffälligkeiten vor.
Bei den 15-Jährigen, bei denen zwischen neun und 12 Jahren eine ADHS diagnostiziert worden war, war antisoziales Verhalten mit 66,3% am häufigsten (darunter Kriminalität 41,1%; Körperverletzung 31,6%). Diese Unterrubriken waren nur bei den Jugendlichen mit einer Tic-Störung häufiger positiv (45,7% bzw. 40%).
Gegenüber der Gesamtgruppe der Teilnehmer mit anderen Störungen hatten die 95 ADHS-Kinder im Alter von 15 Jahren ein deutlich höheres Risiko für Alltagsbeeinträchtigungen (CGAS ≤ 60; Odds Ratio: 3,33), schulische (OR: 2,28) und soziale Probleme (OR: 2,67) sowie Alkoholmissbrauch (OR: 1,97). Dabei blieb der Einfluss der ADHS sogar nach Berücksichtigung aller Komorbiditäten und des Ausbildungsgrades der Eltern hinsichtlich antisozialen Verhaltens (OR: 2,16) und Alltagsbeeinträchtigungen (OR: 3,25) signifikant. Interessanterweise verhielten sich die gesunden Zwillinge weniger problematisch als ihre erkrankten Geschwister, waren jedoch im Vergleich zu den Kontrollen noch deutlich auffälliger (Kriminalität: 36,9% vs. 15,2%; Körperverletzung: 34,4% vs. 23,9%). NW
Kommentar

Bei den gesunden Jugendlichen zeigten sich in der Pubertät verschiedene Schwierigkeiten, die aber deutlich seltener und weniger stark ausgeprägt waren, als bei jenen mit entwicklungsbezogenen Störungen. Dabei scheint insbesondere eine ADHS die Entwicklung späterer psychosozialer Probleme massiv zu begünstigen. Gerade diese Kinder bedürfen gezielter Präventivmaßnahmen.

Quelle:

Norén Selinus E et al.: Childhood symptoms of ADHD overrule comorbidity in relation to psychosocial outcome at age 15: a longitudinal study. PLoS One 2015; 10: e0137475 [Epub: 11. Sept. 2015, doi 10.1371/journal.pone0137475

ICD-Codes: F90.

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