"Evidence-based psychology"

Neuro-Depesche 7/2005

Psychologische Interventionen bei Patienten mit Bipolar-Störung erfolgreich?

Mit Etablierung der medikamentösen Behandlung bipolar erkrankter Patienten gerieten psychotherapeutische Interventionen aus dem ärztlichen Blickfeld. Inzwischen stehen Psychoedukation, Familieninterventionen und kognitiv-verhaltenstherapeutische Ansätze (CBT) wieder im Ruf der Wirksamkeit. Halten sie auch den Maßstäben der "Evidence-based medicine" stand?

Eine Literaturstudie zweier spanischer Bipolar-Experten förderte vier prospektive Studien zu Tage, die darauf ausgelegt waren, die Wirksamkeit psychologischer Ansätze bei bipolar erkrankten Patienten zu prüfen und die den angelegten methodologischen Kriterien genügten. In der ersten Studie an 69 Patienten konnte insbesondere die Sensibilisierung des Patienten für die frühen Rückfallsymptome die Zeit bis zum ersten manischen Rückfall mit 65 vs. 17 Wochen deutlich verlängern (p = 0,008). Auch die Anzahl der Rückfälle binnen 18 Monaten wurde durch die Psychoedukation signifikant, nämlich um 30% reduziert (p = 0,013). Das Auftreten depressiver Episoden wurde hier allerdings nicht beeinflusst. In einer zweiten Studie konnte sogar in der Akutphase eine adaptierte CBT im Kontext einer Psychoedukation rezidivprophylaktisch erfolgreich angewendet werden. In einer weiteren, neunmonatigen Studie wurden 101 Probanden zusätzlich zur klassischen medikamentösen Erhaltungstherapie mit einer längeren familienfokussierten oder kürzeren Standard-Psychoedukation behandelt. Hier zeigten sich eine Reduktion der Rückfälle und eine Verlängerung der rezidivfreien Intervalle. Auch nach zwei Jahren profitierten die Teilnehmer noch von der längeren Intervention. Durch eine ebenfalls familienorientierte Psychoedukation konnten in einer anderen Studie die subjektive Belastung nicht nur der Betroffenen sondern auch der Angehörigen reduziert werden. Insgesamt wurde deutlich, dass schon die adäquate Information der Patienten allein die Adhärenz und das Therapieergebnis verbessern kann, und dass die genannten Interventionen auch bei schwer erkrankten Patienten, z. B. jenen mit psychiatrischer Komorbidität, durchaus nützlich sind. Für die Wirksamkeit anderer psychotherapeutischer Interventionen ergab sich aus der Studienlage keine hinreichende Evidenz.

Quelle: Vieta, E: Psychological interventions in bipolar disorder: from wishful thinking to an evidence-based approach, Zeitschrift: ACTA PSYCHIATRICA SCANDINAVICA. SUPPLEMENTUM, Ausgabe 422 (2004), Seiten: 34-38

Alle im Rahmen dieses Internet-Angebots veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen und Zweitveröffentlichungen, vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung, Verlinkung oder Weiterverbreitung in jedem Medium als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

x