Affektive Störungen

Neuro-Depesche 3/2022

Praxistipps zur Therapie von Patienten mit unipolarer Depression

Neurologen und Psychiater lassen sich regelmäßig bei den Veranstaltungen des Fortbildungskollegs „updaten“. Im Mittelpunkt der Online-Veranstaltung im Januar 2022 standen u. a. die aktuellen Therapieoptionen bei depressiven Patienten. Ein Fokus lag auf der Behandlung mit dem Phytopharmakon Johanniskraut.
Gerade in der Behandlung von Patienten mit leichter bis mittelgradiger Depression hat sich hochdosierter Extrakt von Johannsikraut (Hypericum perforatum L.) wie STW3-VI bewährt, erläuterte Prof. Dr. Hans-Peter Volz, Werneck. Dies zeigen u. a. auch die Ergebnisse einer Netzwerk-Metaanalyse der Cochrane Collaboration. Berücksichtigt wurden alle randomisierten und Doppelblindstudien, in denen Johanniskraut- Extrakt (Dosierung 600 - 1.200 mg/d) über Zeiträume von vier bis zwölf Wochen bei Patienten mit einer Major Depression (nach ICD-10 oder DSM-IV) mit Placebo und/oder synthetischen Standard- Antidepressiva verglichen worden war. Hauptkriterium zur Wirksamkeit war die Responder-Rate nach der Hamilton-Depression- Scale.
Insgesamt 29 Studien mit 5.489 Teilnehmenden erfüllten die Einschlusskriterien. In allen Placebo-Studien war Johanniskraut- Extrakte der Scheinmedikation signifikant überlegen (Odds Ratio [OR]: 1,48). Beim Vergleich mit Tri- und Tetrazyklika (Imipramin, Amitriptylin, Maprotilin) und auch mit SSRI (Fluoxetin, Sertralin, Paroxetin, Citalopram) zeigte Johanniskraut eine äquipotente Wirksamkeit (OR: 1,01), jedoch mit signifikant selteneren Studienabbrüchen aufgrund unerwünschter Ereignisse. „Aus Wirksamkeitsgesichtspunkten muss sich Johanniskraut keineswegs hinter den synthetischen Antidepressiva verstecken“, betonte Volz. Das Phytopharmakon wird auch in der S3-Leitlinie „Unipolare Depression“ empfohlen.
In einer Placebo-kontrollierten Studie mit 388 Patienten mit mittelgradiger Depression wurde die Nicht-Unterlegenheit (‚Non inferiority‘) des hochdosierten Johanniskraut- Extrakts STW3-VI (1 x 900 mg/d) gegenüber dem SSRI Citalopram (1 x 20 mg/d) mit Signifikanz belegt (p < 0,0001). Auch hier erwies sich STW3-VI dem SSRI in der Verträglichkeit deutlich überlegen. Volz: „Unter hochdosiertem Johanniskraut-Extrakt gab es im Vergleich zu Standard-Antidepressiva 60 % weniger Therapieabbrüche wegen Nebenwirkungen.“ GS
„Johanniskraut ist gut wirksam und sehr gut verträglich

Im Anschluss an das Forbildungskolleg konnten wir Professor Volz befragen.

Welche Gründe sprechen für eine Therapie der leichten bis mittelschweren Depression mit hochdosiertem Johanniskraut- Extrakt wie STW3-VI (Laif®900)?
Volz: Johanniskraut ist vor allem ein gut wirksames und nebenwirkungsarmes Antidepressivum. Die Placebo überlegene und synthetischen Antidepressiva vergleichbare antidepressive Wirksamkeit sowie die deutlich geringere Rate an nebenwirkungsbedingten Therapieabbrüchen wurden auch metaanalytisch, also auf dem höchsten Evidenz-Niveau, bestätigt.
In der letzten Zeit konnte zudem präklinisch gezeigt werden, dass Johanniskraut nicht nur die Wiederaufnahme biogener Amine hemmt, sondern auch sekundäre Effekte wie die sog. β-down- Regulation noradrenerger postsynaptischer Rezeptoren wirkungsvoll induziert und auch bei einer Normalisierung der Kortisol-Stress-Achse mitwirkt.
 
Vor welche Herausforderungen stellt die COVID-19-Pandemie die Behandlung depressiver Patienten?
Volz: Die Pandemie hat vor allem die Zahl depressiver Menschen erhöht und gleichzeitig die Verfügbarkeit von Therapiemöglichkeiten verringert. Zudem leiden gerade Depressive besonders unter einer Restriktion sozialer Kontakte, sie können dann vollkommen in ihrer Einsamkeit versinken, was die Symptomatik insgesamt verstärkt – ein schwer zu durchbrechender Teufelskreis.
Quelle: Prof. Dr. med. Hans-Peter Volz: „Leitliniengestützte Auswahlkriterien von Antidepressiva einschließlich Anwendungsbeispielen“, Fortbildungskolleg online am 22. Januar 2022

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