Neuropsychiatrische Entwicklungsstörungen und Krankheiten

Neuro-Depesche 10/2019

Pränatale mütterliche Anämie erhöht die Risiken

Angesichts der entscheidenden Rolle, die Eisen bei der Entwicklung des Nervensystems spielt, könnte ein Zusammenhang zwischen einem pränatalen Eisenmangel und dem späteren Risiko neuropsychiatrischer Störungen bestehen. Das scheint einer schwedischen Kohortenstudie zufolge auf Autismus, ADHS und geistige Behinderung zuzutreffen.
Ausgewertet wurden die Daten des Gesundheits- und Bevölkerungsregisters aller nicht adoptierten Kinder, die vom 1. Jan. 1987 bis zum 31. Dez. 2010 in Schweden geboren wurden, und ihrer Mütter. Am Ende der Nachbeobachtung (31. Dez. 2016) umfasste die Kohorte 532.232 Personen (51,3 %) zwischen sechs und 29, durchschnittlich 17,6 Jahren und ihre 299.768 Mütter.
Unter Kindern, bei denen bei den Müttern innerhalb der ersten 30 Schwangerschaftswochen (SSW) eine Anämie festgestellt wurde, war die Prävalenz einer Autismus- Spektrumsstörung (ASD), ADHS und einer geistigen Behinderung (ID) höher als bei Müttern, bei denen erst danach bzw. gar keine Anämie festgestellt worden war (ASD: 4,9 % vs. 3,8 % bzw. 3,5 %; ADHS: 9,3 % vs. 7,2 % bzw. 7,1 %; ID: 3,1 % vs. je 1,1 %).
Unter Einbeziehung sozioökonomischer, schwangerschaftsbezogener und anderer Faktoren ergab sich für die Gruppe mit mütterlicher Anämie in den ersten 30 Schwangerschaftswochen ein signifikant erhöhtes Risiko für die Diagnose einer ASD (Odds Ratio [OR]: 1,44; 95 %-KI: 1,13 - 1,84), ADHS (OR: 1,37; 95 %-KI: 1,14 - 1,64) und ID (OR: 2,20; 95 %-KI: 1,61 - 3,01).
Die frühe Anämie-Diagnose erhöhte im Übrigen auch die Risiken der Geschwister der ausgewerteten Kinder in ähnlicher Weise: ASD (OR: 2,25) und ID (OR: 2,59).
Unter Berücksichtigung sich gegenseitig ausschließender Diagnose-Gruppen wurde die stärkste Assoziation zwischen früher Anämie und ID (ohne gleichzeitige ASD) beobachtet (OR: 2,72). HL
Kommentar
Im Gegensatz zur mütterlichen Anämie gegen Ende der Schwangerschaft war eine früher diagnostizierte Anämie mit einem deutlich erhöhten Risiko für die Entwicklung von ASD, ADHS und insbesondere von ID bei den Nachkommen assoziiert. Angesichts der Tatsache, dass Eisenmangel und Anämie bei Frauen im gebärfähigen Alter häufig sind, unterstreichen die Ergebnisse die Bedeutung eines frühen Screenings auf den Eisenstatus in der Schwangerschaftsvorsorge und einer Ernährungsberatung.
Quelle: Wiegersma AM et al.: Association of prenatal maternal ... JAMA Psychiatry 2019: 1-12 [Epub 18. Sept.; doi: 10.1001/jamapsychiatry.2019.2309]

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