In frühen Stadien

Neuro-Depesche 1-2/2020

OCT gestattet Differenzierung zur MS

Zertifizierte Fortbildung
Die Unterscheidung zwischen einer Neuromyelitis Optica Spectrum Disorder (NMOSD) und Multipler Sklerose (MS) ist gerade in der Frühphase oft schwierig, aber für die Therapiewahl und die Prognose der Patienten entscheidend. Kann das Ausmaß der Netzhautdegeneration in der optischen Kohärenztomographie (OCT) nach allererster Optikusneuritis zur Differenzialdiagnose beitragen?
In die prospektive Querschnittsstudie in Südkorea wurden 73 Patienten mit Aquaporin-4(AQP4)-Antikörper-positiver NMOSD und 38 MS-Patienten nach einer jeweils allerersten Optikusneuritis (ON)-Episode eingeschlossen. Ihre bestkorrigierte Sehschärfe (Best-corrected visual acuity, BCVA) wurde mit dem Snellen- Diagramm bestimmt, die Sehschärfe nach den Sloan Letter Charts mit hohem (100 %) Kontrast (HCVA) und niedrigem (2,5 %) Kontrast (LCVA). Mittels OCT wurde die Netzhautdegeneration anhand der Retinal nerve fiber layer thickness (RNFL) und dem Makula-Volumen (MV) erfasst.
Die 60 ON-betroffenen Augen der NMOSDPatienten wiesen in allen vier Quadranten eine jeweils signifikant dünnere RNFL (p < 0,001) auf als die 33 ON-Augen der MS-Patienten. Die jeweils nicht-betroffenen Augen unterschieden sich zwischen den beiden Gruppen kaum.
Der RNFL-Unterschied war in den beiden Subgruppen der Patienten mit einer einzigen bzw. mehreren ON-Episoden sehr ausgeprägt (je p < 0,001), existierte aber NICHT zwischen NMOSD-Patienten mit einer ON- und MS-Patienten mit mehreren ON-Episoden. Ganz ähnliche Zusammenhänge ergaben sich in den OCT-Befunden des Gesamt-MV (je p < 0,001). Zudem fand sich bei den 60 betroffenen NMOSD-Augen eine signifikant geringere Sehschärfe (p < 0,001) als bei den 33 betroffenen MS-Augen – bei hohem (HCVA) und auch bei niedrigem Kontrast (LCVA). Insgesamt zeigte die RNFL-Dicke zahlreiche signifikante Relationen, so mit dem HCVA/LCVA sowie dem EDSS-Wert und der MS-Dauer. Die Zusammenhänge waren bei den NMOSD-Patienten meist ausgeprägter als bei den MS-Patienten.
Für die Identifizierung einer NMOSD ergab eine RNFL-Dicke < 78,9 μm eine Spezifität von 93,9 % und eine Sensitivität von 45,0 %. Der HCVA-Grenzwert von < 0,4 Dezimalstellen ging mit einer Spezifität von 72,7 % und einer Sensitivität von 65,0 % für eine NMOSD einher. Die Kombination dieser beiden Grenzwerte ergab sogar eine 100 %-ige Spezifität. JL
Kommentar
Sowohl die MS als auch die NMOSD beginnen häufig mit einer Optikusneuritis (ON). Obwohl das Testen auf den AQP4-Ak die Unterscheidung erleichtert, bleibt die Diagnose schwierig, insbesondere bei Patienten mit seronegativer NMOSD. Die Studie zeigt, dass sich die etablierende, nicht-invasive OCT zur Differenzierung eignet, besonders in Kombinatuon mit Hochkontrast- Sehschärfe. Zu beachten ist, dass die gute Diskriminierung nur bei einer erster ON gilt, denn mehrere ON-Episoden können auch bei MS-Patienten zu einer kumulativen Verringerung der RNFL-Dicke führen, der der bei der NMSOD in der Schwere nicht nachsteht.


Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle: Autor: Kim NH et al.: Retinal degeneration after first-ever optic neuritis helps differentiate multiple sclerosis and neuromyelitis optica spectrum disorder. Front Neurol 2019; 10: 1076 [Epub 10. Okt.; doi: 10.3389/fneur.2019. 01076]
ICD-Codes: G36.0

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