Depottherapie im Therapiealltag

Neuro-Depesche 11-12/2018

Niedrigere Kosten und geringere Ressourcennutzung?

Zertifizierte Fortbildung

In einer landesweiten prospektiven Kohortenstudie prüften kanadische Mediziner, inwieweit sich eine früh eingeleitete Therapie mit injizierbaren Depot-Antipsychotika (Long-acting injectable Antipsychotics, LAI-AP) unter Alltagsbedingungen auf die Ressourcennutzung im Gesundheitswesen auswirkt. Können wirklich Kosten eingespart werden? Offenbar werden die höheren Medikamentenkosten durch geringere Ausgaben für stationäre oder ambulante Behandlungen in der Tat ausgeglichen.

In einer kürzlich publizierten Studie wiesen die Autoren nach, dass die Kosten im Gesundheitssystem im Jahr nach Einführung der LAI-AP für Schizophrenie-Patienten deutlich verringert werden konnten. Jetzt wurden die Datensätze des allgemeinen Gesundheitssystems von Quebec (RAMQ) aller 3957 Patienten berücksichtigt, denen zwischen 2008 und 2012 mindestens einmal ein LAI-AP verschrieben worden war. Neben Schizophrenie bzw. schizoaffektiven Störungen (n = 1996) umfasste dies eine jeweils beträchtliche Anzahl von weiteren Diagnosen wie bipolare Störung, Major Depression, Angststörungen und Substanzmissbrauch.
Im Vergleich zum Vorjahr wurde die Anzahl der Krankenhauseinweisungen im Gesamtkollektiv unter LAI-AP halbiert (1,8 vs. 0,9) und die durchschnittliche Dauer des Klinikaufenthaltes mit 48,0 s. 16,4 Tagen um fast zwei Drittel reduziert. In der Schizophrenie-Gruppe fiel der Unterschied mit 2,0 vs. 0,9 Aufenthalten sowie 52,4 vs. 17,3 Kliniktagen gegenüber dem Vorjahr noch größer aus. Dementsprechend betrug die jährliche Gesamtkosteneinsparung für alle 3957 Patienten 20 069 C$ pro Kopf (53 262 vs. 23 386) und für die 1996 Schizophrenie-Patienten 29 876 C$ (57 790 vs. 24 313)
Zusätzlich wurden in der Schizophrenie- Gruppe die Kosteneinsparungen der Patienten, die Depot-Antipsychotika der ersten Generation (First generation, FG; n = 976) wie Haloperidol, Fluphenazin, Zuclopenthixol, Flupentixol) erhalten hatten, mit jenen verglichen, die mit einem Zweitgenerations- Präparat (Second generation, SG; n = 1020) wie Risperidon und Paliperidon behandelt worden waren. Im Vergleich zum Vorjahr ging die Anzahl der Krankenhaustage unter den FGA-LAI um 31,5, unter den SGA-LAI aber um 38,8 zurück. Die Kosteneinsparungen beliefen sich dabei im FGA-LAI-Kollektiv auf 31 924 C$, im SGA-LAI-Kollektiv sogar auf 39 100 C$.
Tendenziell hatten vor allem jüngere Patienten signifikant häufiger ein SG-LAI-AP als ein FG-LAI-AP erhalten (29% vs. 13%). Unter den verschreibenden Ärzten waren 80% Psychiater, die eher SGA-LAI bevorzugten (86,6%; vs. 79,5%; p = 0,00), während die 19% Allgemeinmediziner eher FGA-LAI als SGA-LAI verschrieben (20% vs. 13%; p = 0,00). GS
Kommentar

Die Einsparungen durch Depot-Antipsychotika, insbesondere durch Atypika, sind dieser Auswertung zufolge eindeutig. Die Autoren fordern, dass die Verschreibung von Depot-Antipsychotika immer mit Interven-tionsstrategien einhergehen sollten, mit denen die Compliance gefördert werden kann. Sie empfehlen weitere Studien über einen längeren Therapiezeitraum, mit neuen Medikamenten und neuen Formulierungen.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Stip E, Lachaine J: Real-world effectiveness of long-acting antipsychotic treatments in a nationwide cohort of 3957 patients with schizophrenia, schizoaffective disorder and other diagnoses in Quebec. Ther Adv Psychopharmacol 2018; 8(11): 287-301

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