Fortschreitende Degeneration

Neuro-Depesche 4/2006

Neuroprotektion durch tiefe Hirnstimulation?

Die Stimulation des N. subthalamicus durch Tiefenelektroden (STN-DBS) ist bei fortgeschrittenem idiopathischem Parkinson-Syndrom mit massiver, medikamentös nicht zu beherrschender motorischer Symptomatik eine effektive und anerkannte Therapieoption. Aufgrund der therapeutischen Beeinflussung der Basalganglienfunktionen wird gehofft, dass sich eventuell auch ein neuroprotekiver Effekt einstellt. Deutsche und niederländische Neurologen überprüften dies nun in einer gemeinsamen PET-Studie.

Als eine Ursache der Degeneration des nigrostriatalen Systems beim Parkinson-Syndrom wird die Glutamat-vermittelte Exzitotoxizität des pathologisch hyperaktiven N. subthalamicus angesehen. Daher lag die Hoffnung nahe, über die hemmenden Effekte der DBS auf den STN die Exzitotoxizität zu mindern und die Progression der degenerativen Parkinson-Veränderungen zu verlangsamen oder gar zu stoppen. Tatsächlich war dies zuvor in Versuchen an der Ratte mittels chemischer Denervation des STN experimentell gelungen. In einer prospektiven klinischen Untersuchung wurde nun dieser Frage bei den Behandelten nachgegangen. Bei 30 seit etwa zwölf Jahren an M. Parkinson erkrankten Patienten (Hoehn & Yahr im Off: 3,6) wurden sequentielle PET-Untersuchungen mit 18F-Fluorodopa durchgeführt. Das durchschnittliche Intervall zwischen den beiden Untersuchungen (vier Wochen vor der Elektroden-Implantation und mindestens ein Jahr danach) betrug 16 Monate. Die Follow-up-Aufnahme wurde unter laufender und therapeutisch wirksamer bilateraler STN-DBS durchgeführt. Die aufgrund der verminderten Tracer-Bindungen errechneten Progressionsraten bezogen auf den Ausgangswert waren in den beiden Prüfzentren erstaunlich ähnlich. Sie lagen je nach Auswertungsmethode bei 9,5-12,4% im Nucl. caudatus und bei 10,7-12,9% im Putamen. Diese Progression ist im Bereich jener Raten angesiedelt, die in vorherigen longitudinalen PET-Studien bei Patienten ohne STN-DBS gefunden wurden. Auch wenn die verschiedenen funktionellen Bildgebungsverfahren sich noch nicht als eindeutige Verfahren zum Nachweis der Neuroprotektion erwiesen haben, deuten die Befunde doch sehr stark darauf hin, dass die Stimulationsbehandlung des Nucl. subthalamicus den erhofften Effekt nicht entfaltet.

Quelle: Hilker, R: Disease progression continues in patients with advanced Parkinson's disease and effective subthalamic nucleus stimulation., Zeitschrift: JOURNAL OF NEUROLOGY, NEUROSURGERY AND PSYCHIATRY, Ausgabe 76 (2005), Seiten: 1217-1221

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