Hinweise auf antidegenerative Effekte

Neuro-Depesche 10/2003

Neuroprotektion durch Glatirameracetat?

Glatirameracetat ist ein klinisch hochwirksames Basistherapeutikum der MS. Wie Experten nun darlegten, spricht vieles dafür, dass es auch über neuroprotektive Eigenschaften verfügt.

Das Verständnis der MS, so Prof. R. Hohlfeld, München, hat sich verändert: Wurde anfangs von einer rein entzündlichen Autoimmunerkrankung ausgegangen, weisen die Erkenntnisse nun auf eine Kombination von akutem Entzündungsgeschehen und chronischer Neurodegeneration hin. Zu den vielfältigen Wirkmechanismen von Glatirameracetat, die sich in einer Reduktion der Schubfrequenz und der Abnahme von MS-Läsionen im ZNS niederschlagen, gehört auch die Freisetzung von neurotrophen Faktoren wie z.B. dem "Brain-derived Neurotrophic Factor". Wie Prof. A.C. Ludolph, Ulm, darlegte, entfaltet BDNF sowohl im Tiermodell der MS als auch im klassischen Modell der chronischen Neurodegeneration eindeutig neuroprotektive Wirkungen. BDNF wird von aktivierten Glatirameracetat-reaktiven Lymphozyten nach Überwindung der Blut-Hirn-Schranke am Ort der Läsion sezerniert und schützt so axonale Strukturen. Klinisch wird die Annahme, dass die Glatirameracetat-Therapie neben der antiinflammatorischen auch eine neuroprotektive Wirkung aufweist, laut Prof. H.-P. Hartung unter anderm durch eine geringere Hirnatrophie, eine geringere Akkumulation von "Black holes" im MRT bzw. durch neue MRS-Befunde gestützt. Um die schleichende axonale Schädigung mit frühzeitig auftretendem Axonverlust und persistierenden neurologischen Ausfällen zu beeinflussen, empfiehlt es sich, eine potenziell neuroprotektiv wirkende Therapie bereits nach dem ersten Schub zu beginnen. Denn während in frühen Krankheitsstadien, so die Experten, noch ein erhebliches intrinsisches Potenzial für Regenerationsvorgänge wie die Remyelinisierung läsionierter Nerven besteht, ist dies bei Patienten im späteren Verlauf nicht mehr der Fall. (JL)

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