Bildgebung bei Schizophrenie

Neuro-Depesche 6/2015

Neuroanatomische Korrelate der Angst

Zertifizierte Fortbildung

Die Mehrheit der Patienten mit einer Schizophrenie leidet unter komorbiden psychischen Erkrankungen. Mithilfe der voxelbasierten Morphometrie (VBM) untersuchte ein spanisches universitäres Team, ob sich für Angststörungen in den Hirnstrukturen anatomische Korrelate finden lassen.

Den MRT-Aufnahmen unterzogen sich vier Gruppen von je 20 Personen: Nicht-Schizophrenie- Kranke mit Panikstörung, sozialer Phobie und anderen Angststörungen (SCI/ANX), Schizophrenie- Patienten ohne komorbide Angst (SCI), Angst-Patienten (ANX) und 20 psychisch Gesunde als Kontrollen.
In der SCI-Gruppe fand sich gegenüber den Kontrollen in frontalen, temporalen und parietalen Regionen wie erwartet ein reduziertes Volumen der grauen Substanz (GM-V), so im dorsolateralen Präfrontalkortex (DLPC), im Gyrus präcentralis, im Orbitofrontalkortex, im Gyrus temporalis und im angulären/inferioren Gyrus parietalis. In der ANX-Gruppe zeigte sich gegenüber den Kontrollen ein signifikant reduziertes GM-V im oberen und unteren Gyrus temporalis rechts, im Gyrus okzipitalis links und im linken mittleren Gyrus frontalis – aber auch erhöhte GM-V, u. a. jeweils linksseitig im unteren Frontalkortex und im Cuneus (okzipital).
Gegenüber der ANX-Gruppe bestanden bei den SCZ/ANX-Patienten u. a. signifikante Unterschiede im GM-V des mittleren Gyrus frontalis links. In der SCI/ANX-Gruppe wurde gegenüber der SCI-Gruppe eine deutlich geringere GM-VReduktion beobachtet, so im DLPC (im rechten und linken mittleren Gyrus frontalis) und im rechten Gyrus präcentralis.
Die Autoren spekulieren daher, dass die Angst bei den SCI/ANX- und den ANX-Patienten kompensatorische GM-V-fördernde Effekte auf frontale Strukturen, z. B. dem DLFPC haben könnte. Dem DLPFC wird nicht nur eine Schlüsselrolle bei kognitiven Prozessen, sondern auch bei der emotionalen Regulation zugeschrieben. Dysfunktionen könnte den Autoren zufolge z. B. die unkontrollierbare Antizipation negativer Ereignisse bei Angstpatienten erklären helfen.
Zudem ergaben sich einige wichtige Relationen zwischen GM-Volumina und klinischen Daten. Patienten der SCI-Gruppe wiesen negative Korrelationen zwischen der Negativ-Subskala der PANSS und GM-V-Reduktionen in verschiedenen temporalen, frontalen, okzipitalen und temporalen Strukturen auf. Vor allem aber zeigte sich z. B. in der SCI/ANX-Gruppe eine negative Korrelation zwischen der GM-V-Reduktion im Gyrus temporalis superior bilateral und der Liebowitz Social Anxiety Scale (LSAS). Der Gyrus temporalis superior wird als eine wichtige Struktur für soziale Kognitionsprozesse angesehen. Interessanterweise waren die LSAS-Wert zwischen der SCI/Angst und der ANX-Gruppe nicht signifikant unterschiedlich. JL
Kommentar

Die Befunde zu speziellen neuroanatomischen Korrelaten von Angst und Schizophrenie sind – künftige Replikation vorausgesetzt – vor allem ätiopathogenetisch interessant, könnten sich perspektivisch aber auch klinisch in spezifischeren Behandlungen von Patienten mit (komorbider) Angststörung niederschlagen.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Picado M et al.: The neuroanatomical basis of panic disorder and social phobia in schizophrenia: a voxel based morphometric study. PLoS One 2015; 10(3): e0119847 [Epub ahead of print: 16. März; doi: 10.1371/journal.pone.0119847]

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