US-Leitline veröffentlicht

Neuro-Depesche 1-2/2018

Neues zur Therapie des ischämischen Schlaganfalls

Zertifizierte Fortbildung

Die American Heart Association (AHA) und die American Stroke Association (ASA) haben 2018 neue Guidelines zur Frühtherapie des akuten ischämischen Schlaganfalls erarbeitet. Diese umfasst bildgebende Verfahren, Blutdrucksenkung, Thrombektomie, Thrombolyse, Thrombozytenaggregationshemmer und Antikoagulanzien sowie alle anderen (sofort oder) innerhalb von zwei Wochen erfolgenden therapeutischen und sekundärprophylaktischen Maßnahmen.

Aus den sehr umfangreichen und detaillierten Empfehlungen zum akuten ischämischen Schlaganfall (AIS) hier eine Auswahl zur Thrombolyse. Standard ist dafür die i.v.-Gabe von i.v.-Alteplase (0,9 mg/kg Körpergewicht [max. 90 mg] über 60 Min., wobei 10% der gewählten Gesamtdosis initial als Bolus über 1 Min. infundiert werden). Der Erfolg der Lyse ist stark von ihrem frühen Einsatz abhängig und sollte daher so früh wie möglich erfolgen.
 
i.v.-Alteplase wird empfohlen für ...
 
(1) ausgewählte Patienten mit Auftreten der AIS-Symptome (oder dem letzten bekannten Wohlergehen) in den letzten 3 h. Ärzte sollten dafür die näher spezifizierten Einschlusskriterien beachten (Tabelle 6 in den Guidelines).
(2) Patienten mit gleichen Bedingungen wie unter (1), aber mit einem Zeitfenster zwischen 3 und 4,5 h.
 
... und kann sinnvoll sein für
 
(3) ansonsten geeignete Patienten mit leichtem AIS im Zeitfenster zw. 3 und 4,5 h unter Abwägung von Therapierisiken und -nutzen.
(4) ansonsten geeignete Patienten, die im MRT lediglich 1–10 zerebrale Mikroblutungen (CMB) aufweisen.
(5) ansonsten geeignete Patienten, die in einem vorherigen MRT zahlreiche CMB (> 10) aufwiesen und für die ein potenziell beträchtlichen Benefit der Lyse besteht. Bei diesen Patienten kann die Verabreichung von i.v.-Alteplase – bei ungewissem Nutzen – mit einem erhöhten Risiko für eine symptomatische intrazerebrale Blutung (sICH) einhergehen.
 
Vorteilhaft kann i.v.-Alteplase sein
 
(6) für Erwachsene mit einem AIS, die unter einer bekannten Sichelzellen-Anämie leiden.
 
i.v.-Alteplase sollte NICHT angewendet werden
 
(7) zusammen mit dem (thrombozytenaggregationshemmenden) Abciximab
(8) bei Patienten, die in den letzten 24 h eine therapeutische Dosis eines niedermolekularen Heparins erhalten haben.
 
Weitere Aspekte der Therapie mit i.v.-Alteplase
 
(9) Die möglichen Risiken der Thrombolyse und eine Erweiterung der Anwendungskriterien sollten diskutiert und gegen den erwarteten Nutzen abgewogen werden.
(10) Nachdem das Risiko für eine niedrige Thrombozytenzahl in der Bevölkerung extrem gering ist, erscheint es sinnvoll, die dringende Alteplase-Therapie nicht zu verzögern, um die Ergebnisse von Blut- oder Gerinnungstests abzuwarten (es sei denn, es bestünde der Verdacht auf patholgische Werte).
(11) Die behandelnden Ärzte sollten sich darüber bewusst sein, dass die Symptome von Hypo- und Hyperglykämien einem AIS ähneln können. Vor Beginn der i.v.-Alteplase-Therapie sollten die Glukoses-Spiegel bestimmt werden.
(12) Wegen des überragenden Einflusses der Zeitspanne zwischen Auftreten der Schlaganfallsymptome und der Lyse sollte die i.v.-Alteplase-Therapie nicht hinausgezögert werden, um symptomatische Besserungen monitoren zu können.
(13) Bei Patienten mit fibrinolytischer Therapie sollten Ärzte darauf vorbereitet sein, mögliche Nebenwirkungen einschließlich Blutungskomplikationen und Angioödeme, die die Atemwege teilweise verlegen können, notfallmäßig zu behandeln.
(14) Mindestens über die ersten 24 h nach der i.v.-Alteplase-Therapie sollte der Blutdruck auf Werte < 180/105 mmHg eingestellt sein.
(15) Das Risiko einer innerhalb der ersten 24 h nach der Alteplase-Therapie (mit oder ohne endovaskulärem Eingriff) begonnenen antithrombotischen Behandlung ist ungewiss. Ihre Anwendung kann erwogen werden, wenn gleichzeitig Bedingungen vorliegen, die bei ihrem Einsatz bei Patienten ohne Alteplase-Therapie einen beträchtlichen Nutzen vermuten lassen oder wenn ihr Nicht-Einsatz mit erheblichen Risiken einhergehen könnte.
 
Andere i.v.-Thrombolytika und Sonothrombolyse
 
(1) Der Nutzen anderer defibrinogenierender und fibrinolytischer Medikamente als Alteplase und Tenecteplase ist nicht nachgewiesen, daher wird ihre Anwendung außerhalb von klinischen Studien nicht empfohlen.
(2) Für Tenecteplase (0,4 g/kg KG als i.v. Einzelbolus) wurde gegenüber Alteplase weder eine Über- noch eine Unterlegenheit belegt. Tenecteplase kann als Alternative zu Alteplase bei Patienten mit geringen neurologischen Beeinträchtigungen und ohne größeren intrakranialen Gefäßverschluss erwogen werden.
(3) Der Einsatz der Sonothrombolyse als Zusatztherapie zu einer i.v.-Thrombolyse wird nicht empfohlen.
 
Zeitfenster für die Thrombektomie
 
In der nächsten Neuro-Depesche werden die AHS/ASA-Empfehlungen zur endovaskulären mechanischen Thrombektomie skizziert. U. a. wird nun bei gewissen Patienten ein Zeitfenster bis zu 24 h (s.a. S. 29 re.) eingeräumt. HL


Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Powers WJ et al. für das American Heart Association Stroke Council: 2018 Guidelines for the Early Management of Patients With Acute Ischemic Stroke: A Guideline for Healthcare Professionals From the American Heart Association/American Stroke Association. Stroke 2018; 49 [Epub 24. Jan; doi: 10.1161/ STR.0000000000000158]

ICD-Codes: I63.9

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