LIVE-Forbildung Schlaglicht Psychiatrie

Neuro-Depesche 3/2021

Neues zur Schizophrenie aus der Wissenschaft

Die Vermeidung von Rückfällen sowie eine erfolgreiche Symptomkontrolle sind wichtige Therapieziele bei Patienten mit einer Schizophrenie. Neben verschiedenen Neuigkeiten zur Schizophrenie vom ECNP 2020 wurde auf einer von Lundbeck und Otsuka veranstalteten Online-Ärztefortbildung jetzt auch der Stellenwert von Depot-Atypika wie Aripiprazol für die funktionelle Remission der Patienten und die Hospitalisierungsrate diskutiert.
Eine DSM-IV definierte „schwere psychische Erkrankung“ ist durch eine schwere und anhaltende Reduktion des Funktionsniveaus gekennzeichnet, sagte Prof. Anne Karow, Hamburg. Sie sprach sich gerade im Hinblick auf die hohe Komorbidität schizophren Erkrankter mit schweren psychischen Krankheiten (90 %) vehement für eine gestufte und integrierte Versorgung nach DGPPN-Empfehlung bzw. „Recover-Modell“ aus. Die ambulante Versorgung ist hierzulande unzureichend, erläuterte sie, nicht-medikamentöse Interventionen werden viel zu selten eingesetzt.
 
Kosten steigen mit jeder Hospitalisierung
Die direkten und indirekten Jahreskosten in Europa sind bei Psychosen – noch vor der Demenz – mit ca. 19.000 EUR am höchsten. So sind 42% bis 67% direkte Behandlungskosten und diese steigen mit jeder Hospitalisierung an. Diese gelte es, u.a. durch Früherkennungsmaßnahmen und durch Modelle der integrierten Versorgung, zu vermeiden. Karow sah „gesundheitliche und ökonomische Vorteile für eine effektive Rückfallprophylaxe und Reduktion der Hospitalisierungen durch Adhärenzsicherung mit Depotmedikation“. In einer Studie (n = 132) fand sich nach Umstellung von einer oralen Medikation auf Aripiprazol-Depot eine Reduktion der Gesamtkosten (von 9.935 auf 4.557 EUR). Zurückgegangen waren u.a. die Rückfallrate, die Krankenhaustage, die Notfall- und PIA-Behandlungen und die AU-Tage.
 
Eine Recovery ist selten
Nedal Al-Khatib, Ebensfeld-Kutzenberg, befasste sich mit der Frage, „was wir bei der Schizophrenie besser machen können“. In seinen News vom ECNP-Kongress 2020 hob er aktuelle Daten zum Wiederauftreten von Symptomen bei remittierten Patienten mit Erstpsychose nach Absetzen der antipsychotischen Therapie hervor: Ohne deutliche Frühsymptome ereignen sich schon kurz nach dem Absetzen viele Rückfälle mit abrupt einsetzenden floriden Symptomen, die „möglicherweise schwerwiegende Folgen haben.“ Vor diesem Hintergrund betonte er das um 64 % geringere Hospitalisierungsrisiko unter Depotpräparaten versus oralen Antipsychotika. Aktuellen Daten zufolge erreichen heute 70% der Patienten eine Symptomremission, 56% eine funktionale Remission und 61% eine insgesamt gute Lebensqualität- Allerdings beträgt die Schnittmenge dieser drei Kategorien, maßgeblich für eine Recovery, lediglich 29%.
„Die Last der Verantwortung für die Medikamentenadhärenz“, so Khatib, „dürfe nicht einzig beim Patienten bleiben. Immerhin haben wir Ärzte/Ärztinnen einen großen Einfluss auf die Therapieentscheidung der Patienten“.
 
Daten zu Aripiprazol-Depot
Prof. Christoph U. Correll, Berlin/New York befasste sich mit den aktuellen Daten zur Verordnung von Depot-Antipsychotika. In einer noch in Druck (in Am J Psychiatry) befindliche Netzwerk-Metaanalyse (137 Studien) fiel das Hospitalisierungsrisiko eindeutig zugunsten der Depot-Antipsychotika aus – und Aripiprazol-Depot belegte dabei mit einen relativen Risiko von 0,29 den zweitbesten Rang. Correll gewährte u. a. Einblicke in die jüngst publizierte PRELAPSE-Studie, in der Zeit bis zu einer Hospitalisierung als primärer Endpunkt gegenüber anderen Therapien (n = 255) signifikant zugunsten der monatlichen i.m.-Injektionen von Aripiprazol (n = 234) ausfiel (p < 0,001), noch dazu mit einer niedrigen Number needed to Treat (NNT).
 
Fazit:
Die Vermeidung von Rückfällen sowie eine erfolgreiche Symptomkontrolle sind Voraussetzungen für ein selbstbestimmtes Leben sowie den Erhalt der Funktionalität und Lebensqualität der Betroffenen. Da jeder Rückfall die Prognose verschlechtert, sollte von Anfang an alles unternommen werden, um das hohe Rückfallrisiko zu verringern. Studien zeigen, dass die Therapie mit Depot-Antipsychotika wie Aripiprazol Vorteile in Form geringerer Rückfall- und Rehospitalisierungs-Risiken aufweist. JL
Quelle: LIVE Online-Fortbildung Schlaglicht Psychiatrie: „Kleine Schritte oder große Sprünge? Neuigkeiten aus Wissenschaft und Praxis“. 29. Januar 2021. 

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