5. Kongress der European Academy of Neurology (EAN)

Neuro-Depesche 7-8/2020

Neues zu ALS, Alzheimer, Epilepsie und mehr

Nachdem die Corona-bedingten Lock-down-Maßnahmen die Durchführung von Großveranstaltungen unmöglich machten, fand der 5. EAN-Kongress nicht in Paris, aber immerhin virtuell statt. Aus den online verfügbaren Materialien hier eine – notwendigerweise kleine – Selektion an Themen, die in elektronischen Postern (EPO) vorgestellt wurden, ausgewählt unter anderem nach der bisherigen Beachtung durch die Teilnehmer anhand der Zahl an „Views“.
In der Kategorie MS und verwandte Erkrankungen nahm mit 1.066 Betrachtern (erstaunlicherweise) der Bericht über einen kurzen Smartphone-Aufklärungsfilm den Spitzenrang ein.
 
164-Sekunden-Video zur MS-Frühtherapie
Der in eine Website eingebettete Film zur Bedeutung einer therapeutischen Frühintervention bei MS hatte eine Dauer von nur 164 Sekunden und war (nach standardisierten Bewertungskriterien wie Zuschauerbindung und Verständnis) in drei verschiedenen Stichproben erfolgreich: U. a. sahen ihn sich in der Gesamtpopulation 887 von 1.102 Personen (80 %) länger als 30 Sekunden, durchschnittlich 149/164 Sekunden (91 %) an. Dies lag deutlich über dem zu erwartenden Ergebnis (p < 0,0001). Ein Verständnis aller vier erläuterten Filmkonzepte zeigten 757/959 Patienten (78,9 %) des MS-Registers und in einer Stichprobe ambulant behandelter MS-Patienten 29/42 (69 %). Dies spricht dafür, zur Förderung des Krankheitsverständnisses moderne digitale Medien zu nutzen.
 
EEG plus fMRT bei Morbus Alzheimer und MCI
Ebenfalls sehr viele Views hatte ein E-Poster zur Charakterisierung der Prodromalphase der Alzheimer-Krankheit mithilfe einer Kombination aus Resting state-EEG (RS-EEG) und funktioneller MRT-Bildgebung (RS-fMRI). Die Mailänder Arbeitsgruppe schloss 39 Patienten mit Alzheimer-Demenz (AD), 86 mit leichter kognitiver Beeinträchtigung (MCI) und 86 gesunde Probanden ein. Nach der im Liquor bestimmten Rate an phosphoryliertem Tau/βAmyloid42 (AT) wurde die MCI-Gruppe unterteilt (MCI-ATpos: ≥ 0,13 vs. MCI-ATneg: < 0,13). Die AD-Patienten zeigten im RS-EEG eine vermehrte Delta- und Theta-Dichte sowie eine Abnahme der Alpha2- und Beta1-Dichten. Die Theta-Dichte war bei MCI-ATpos höher als bei den MCI-ATneg-Patienten. Nach Zusammenführung der rs-fMRT-Netzwerke und der Current- Source-Sensity(CSD)-EEG-Werte unterschied vor allem das Alpha2- Band MCI-ATpos- von MCI-ATneg-Patienten.
 
Curcumin bei ALS?
Oxidativer Stress scheint in der Pathogenese der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS) eine wichtige Rolle zu spielen. Jetzt wurden in Pisa die Effekte von Curcumin, einem Radikalfänger, doppelblind und placebokontrolliert untersucht. Die Auswertung von zehn ALS-Patienten zeigte nach drei Monaten unter der oralen Supplementierung von Curcumin (1.500 mg/d) gegenüber der Placebo-Gruppe eine tendenzielle Verbesserung des Laktatspiegels (p = 0,06). Zudem ergab sich ein kleiner, nicht-signifikanter Unterschied u. a. bezüglich der Werte der ALS-Functional Rating Scale (ALS-FRS) und der Medical-Research-Council(MRC)- Skala. Dies weist auf eine mögliche therapeutische Wirkung der Curcumin-Add-on-Gabe bei ALS-Patienten hin.
 
Geringe Lebensqualität trotz guter Anfallskontrolle
In einer britischen Studie wurde bei Epilepsie-Patienten der Zusammenhang zwischen depressiven bzw. Angstsymptomen und der Lebensqualität untersucht. Unter 43 Patienten wiesen mit ≤ 1 Anfall/Monat 14 (60,1 %) eine gute Anfallskontrolle auf. Mit einem Neurological Institute Disorders Depression Inventory for Epilepsy (NIDDI-E) Score > 15 waren 23 Patienten klinisch depressiv und 29 mit einem Score ≤ 3 auf der Skala Quality Of Life In Epilepsy 10 – patient (QOLIE-10p) in ihrer Lebensqualität deutlich beeinträchtigt. Dies betraf auch die elf Patienten (37,9 %) mit einer guten Kontrolle der epileptischen Anfälle. Trotz gut kontrollierter Anfallsaktivität gaben 13 Patienten (30,2 %) an, Angst vor einem Anfall im kommenden Monat zu haben. Diese Patienten könnten möglicherweise von einer frühzeitigen psychologischen Unterstützung profitieren.
 
PDD von DLB mit neuem Algorithmus abgrenzen
Die Parkinson-assoziierte Demenz (PDD) und die Demenz mit Lewy-Körperchen (DLB) überlappen sich in vielen Aspekten, besonders in fortgeschrittenen Krankheitsstadien. Jetzt wurde ein neuartiger Algorithmus für maschinelles Lernen entwickelt, der anhand relativer weniger, in der Klinik leicht und nicht-invasiv erfassbarer Merkmale eine relativ zuverlässige Unterscheidung ermöglicht. Basierend auf den 15 besten klinischen Merkmalen und neuropsychologischen Scores ergab sich im K-Nearest- Neighbors(K-NNs)-Klassifizierungsmodell bei einer Sensitivität von 96,42 % und einer Spezifität von 67 % eine Unterscheidungsgenauigkeit von 91,2 %. JL

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