Gene – Umwelt – Epigenetik

Neuro-Depesche 10/2016

Neue Suszeptibilitäts-Loci für die MS entdeckt

Wissenschaftlern der TU München und des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie ist in einer genomweiten Assoziationsstudie (GWAS) mit deutschen Teilnehmern die Entdeckung neuer Suszeptibilitäts-Loci gelungen. Ihre Resultate deuten darauf hin, dass epigenetische Mechanismen dabei eine maßgebliche Rolle spielen und auch das Risiko für eine MS-Entstehung beeinflussen könnten.

Erbliche Einflüsse auf die MS sind eindeutig, aber begrenzt. Umwelteinflüsse können auch insbesondere über epigenetische Prozesse die Aktivität MS-relevanter Gene variieren und so vermutlich das Erkrankungsrisiko beeinflussen.
Das Konsortium fand nun bei 4888 deutschen MS- bzw. CIS-Patienten und 10 395 Kontrollen neben Assoziationen mit dem Major Histokompatibilitätskomplex (MHC) auch15 nicht-MHC-Loci, die genomweite Signifikanz erreichten. Unter ihnen identifizierten sie vier Suszeptibilitäts- Loci auf den Genen L3MBTL3 (rs4364506), MAZ (rs34286592), ERG (rs2836425) und SHMT1 (rs4925166), die bislang nur in diesem nationalen Kollektiv diese Signifikanz erreichten.
Diese vier Genloci stehen in Zusammenhang mit epigenetischen Mechanismen. Letztere werden nicht zuletzt durch Umweltfaktoren beeinflusst und können, ohne die DNA strukturell zu verändern, über Prozesse wie Methylierung, Modifikation von Histonen etc. die Aktiviät bestimmter Genabschnitte oder ganzer Chromosomen zeitweise oder dauerhaft modulieren.
In dieser Hinsicht ist eines der neuen Risikogene besonders interessant: rs4925166 (SHMT1) liegt auf Chromosom 17 in einem Intron des Gens TOP3A, das die DNA-Topoisomerase IIIa kodiert. SHMT1 kodiert eine Serin-Hydroxymethyltransferase, die den Transfer einer Kohlenstoffeinheit zum Folatzyklus katalysiert und für die Synthese von Nukleotiden und Methionin gebraucht werden. Es ist eine essenzielle Komponate im Metabolismus des wichtigen Methhylgruppen-Donators S-Adenosylmethionin (SAM) und damit notwendig für die Methylisierungshomöostase, die der Errichtung und dem Erhalt „epigenetischer Signaturen“ dient. Die Produkte der Gene L3MBTL3, MAZ und ERG spielen eine Rolle für die Immunzell-Regulation.
Darüber hinaus gelang es den Wissenschaftlern in dieser bisher größten genetischen MSStudie in einem einzigen Land, mehrere bereits bekannte Gene wie DRB1*15:01 und sechs weitere HLA-Allele zu verifizieren. GS
Info

Im Gegensatz zu früheren Studien, in denen zumeist eine hohe Probenzahl vieler Bevölkerungsgruppen verwendet wurde, untersucht das Gen-Konsortium hier eine ausschließlich deutsche, und damit relativ homogene MS-Population. Dies trug maßgeblich zur Entdeckung der Risikogene bei, die in die Epigenetik involviert zu sein scheinen. Die Resultate sprechen u. a. für die eminente Bedeutung der DNA-Methylierung.

Quelle:

Andlauer TFM et al.: Novel multiple sclerosis susceptibility loci implicated in epigenetic regulation. Sci Adv 2016; 2; e1501678 (Epub: 17.06.2016

Alle im Rahmen dieses Internet-Angebots veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen und Zweitveröffentlichungen, vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung, Verlinkung oder Weiterverbreitung in jedem Medium als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

x