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Während der COVID-19-Pandemie

Neuro-Depesche 5-6/2022

Neue Schübe durch Stress und Depression?

Stress ist ein potenzieller Auslöser für klinische Verschlechterungen der MS und MRT-Läsionen. In einer italienischen Studie wurden nun gezielt das Schubrisiko von MS-Patienten während der COVID-19-Pandemie und die Zusammenhängen mit Stress, Angst und Depression untersucht.
Bei 216 Patienten mit schubförmiger MS wurde retrospektiv die annualisierte Schubrate (ARR) in den Jahren 2019 und 2020 berechnet. Von Jan. bis Dez. 2020 nahmen 154 Patienten an einer Google-Forms-Umfrage teil. Dabei kamen u. a. das Short Screening Scale for DSM-IV (SSS-DSM-IV) zum Erfassen einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) und die Depression, Anxiety and Stress Scale (DASS-21) zum Einsatz.
 
Signifikanter ARR-Anstieg
2019 wurden 46 Schübe (bei 46 Patienten) und 2020 70 Schübe (bei 56 Patienten) registriert. 67,3 % bzw. 71,4 % der Patienten wurden 2019 bzw. 2020 mit Second-line-DMT behandelt (p = 0,176). Gegenüber 2019 stieg die durchschnittliche ARR signifikant von 0,22 auf 0,32; p = 0,0142). In Übereinstimmung damit ergab auch die Umfrage im Jahre 2020 eine signifikant höhere ARR als 2019 (0,21 vs. 0,35; p = 0,0174).
 
Korrelationen mit Stress und Depression
Nach DASS-21 waren 44,2 % der Patienten nicht gestresst, 11 % leicht, 12,3 % moderat, 15,6 % schwer und 16,9 % extrem schwer gestresst. 43,5 % der Teilnehmer hatten keine Angstgefühle, 16,2 % leichte, 6,5 % moderate, 8,4 % starke und 25,4 % extrem starke Angstgefühle. In ähnlicher Weise hatten 44,2 % keine Depression, 9,7 % eine leichte, 18,8 % eine moderate, 7,8 % eine schwere und 19,5 % sogar eine sehr schwere Depression. Nach SSS DSM-IV (Score ≥ 4) erhielten 37 % der Befragten eine PTBS-Diagnose.
Die Korrelationsanalyse ergab einen signifikanten Zusammenhang zwischen Schüben und Stress (p = 0,030) und Depression (p = 0,011), aber nicht zwischen Schüben und Angst (p = 0,130) oder einer PTBS (p = 0,279). Dabei war nur extrem schwerer Stress mit den Schüben signifikant assoziiert (p = 0,025), bei den Depressionen (ab mittlerer Schwere) aber alle Schweregrade. HL
Fazit
Die COVID-19-Pandemie ist eine Quelle für psychische Belastungen bei MS-Patienten und hat sich negativ auf das Krankheitsmanagement ausgewirkt. Diese italienische Studie stützt die - nicht ganz unumstrittene - Hypothese, dass Pandemie-bedingter Stress und Depression mit klinischen Exazerbationen der MS einhergeht.
Quelle: Sparaco M et al.: Association between relapses, stress, and depression in people with multiple sclerosis during the COVID-19 pandemic. Neurol Sci 2022; 43(5): 2935-42
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