DNA-Spirale

NeuroDepesche Special

Neuro-Depesche 11-12/2021

ND-Special: Spinale Muskelatrophie

Die Behandlungsmöglichkeiten von Patienten mit spinaler Muskelatrophie (SMA) haben sich mit inzwischen drei zugelassenen Therapien entscheidend erweitert. Die früh begonnene Therapie der genetisch bedingten, chronisch fortschreitenden neuromuskulären Erkrankung kann zum Überleben der Kinder und dem Erreichen wichtiger motorischer Meilensteine führen. Bei Erwachsenen mit schwächer ausgeprägter SMA können die Therapien helfen, die selbstständige Lebensführung der Betroffenen zu erhalten.

Eine Errungenschaft der letzten Jahre ist die Einbeziehung der SMA in das genetische Neugeborenenscreening (NGS). Noch nicht in allen Ländern eingeführt, wurde das NGS hierzulande vom GB-A beschlossen und etabliert sich gerade. Auf der anderen Seite mehren sich die Belege, dass auch erwachsene SMA-Patienten von einer Therapie deutlich profitieren können. Diese ND-Special SMA referiert einige aktuelle Publikationen.

Vom Bettler zum Edelmann
Das Review mit dem Titel „From rags to riches“ gibt einen Über- blick, wie sich das Feld der SMA in den letzten Jahren mit der Verfügbarkeit neuer Therapien entwickelt hat. Schwerpunkte lagen auf der Therapie präsymptomatischer Patienten einerseits und erwachsener Patienten andereseits.
Seit 2017 ist das intrathekal verabreichte Antisense-Oligonukleotid (ASO) Nusinersen zur Behandlung von Patienten mit 5q-assoziierter SMA verfügbar. 2020 erweiterten sich die Optionen um die Gentherapie mit Onasemnogen-Abeparvovec, das mit einer einzigen Gabe eine lebenslang anhaltende Wirkung verspricht. Im März 2021 wurde hierzulande das einmal täglich oral einzunehmende Risdiplam zur Therapie der SMA zugelassen.
 
Erfolge bei präsymptomatischen Patienten
Die verfügbaren Studien legen nahe, dass eine möglichst früh begonnene Therapie den höchsten klinischen Nutzen hat, dies wurde auch bei präsymptomatischen Säuglingen mit genetisch bestätigter 5q-SMA gezeigt. Dies war in der offenen Phase-II-Studie NURTURE der Fall, in der alle behandelten Kinder überlebten und die Fähigkeit erwarben, ohne Unterstützung zu sitzen. Die (teils vorläufigen) Ergebnisse der Studien RAINBOWFISH zu Risdiplam und SPR1NT zu Onasemnogen-Abeparvovec deuten auf ähnliche Wirkungen hin und unterstützen das Frühbehandlungskonzept. Vor diesem Hintergrund kommt dem Neugeborenenscreening eine entscheidende Rolle zu.
 
Welche Patienten behandeln?
Eine rapid wachsende Zahl an Real-World-Studie zeigt, dass auch Erwachsene mit SMA Typ 2 und 3 von der Behandlung profitieren können. Am breitesten ist die Datenlage zu dem am längsten eingesetzten Nusinersen. Sie zeigt – im Gegensatz zum natürlichen Verauf der SMA mit progredienter Verschlechterung von motorischen Symptomen und Funktionseinbußen, übereinstimmende positive Effekte. Entsprechende Real-World-Daten werden derzeit auch für Onasemnogen Abeparvovec und Risdiplam erhoben. Noch wird diskutiert, welcher SMA-Patient behandelt werden soll. Ein Gremium von US-Experten hat dies im Jahr 2017 für alle Patienten mit 2 oder 3 SMN2-Kopien empfohlen und später auch auf jene mit 4 Kopien erweitert.
 
Auf der Suche nach Biomarkern
Derzeit wird u. a. daran gearbeitet, prognoserelevante metabolomische und proteomische Biomarker für die SMA zu identifizieren. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei der leichten und der phosphorylierten schweren Kette des Neurofilaments in Blut und Liquor bei präsymptomatischen und symptomatischen Patienten. Weitere Biomarker sind u. a. die zirkulierende Serum-miRNA und die SMN-Protein-Konzentrationen in Lymphozyten. HL
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