Neuro-Depesche 12/2001

Narkolepsie nach Hirninfarkt

Ein Mangel des hypothalamischen Neuropeptids Orexin A (auch: Hypocretin 1) gilt als Ursache oder beteiligter ursächlicher Faktor der Narkolepsie. Bei einem jungen Mann scheint der Verlust Orexin-produzierender Neuronen zur Entstehung einer sekundären Narkolepsie geführt zu haben.

Der 23-jährige Mann präsentierte sich mit Zeichen der Hypersomnie und ausgeprägten Symptomen der Narkolepsie wie extrem niedriger Schlaf- und REM-Schlaflatenz, gelegentlichen Kataplexien sowie Schlafparalyse und hypnagogen Halluzinationen. Das EEG zeigte eine kortikale Verlangsamung, aber keine epileptiformen Entladungen. Im Alter von 18 Jahren hatte der Patient nach Entfernung eines großen Kraniopharyngeoms durch einen Vasospasmus einen ausgedehnten bilateralen ischämischen Infarkt in der Hypothalamus-Region erlitten, der 2/3 der kaudalen Anteile umfasste und sich auch auf laterale Hypothalamus-Bereiche und mediodorsale Anteile erstreckte. Die Läsion umschloss also auch jene Regionen (lateraler Hypothalamus, fornixnahe Regionen), in denen nach derzeitigem Forschungsstand besonders intensiv Orexin gebildet wird und dessen Neuronen zu diversen Strukturen projizieren, die an der Schlaf-Wach-Regulation beteiligt sind. Unterstützt wird diese These durch die reduzierten Orexin-Konzentrationen (167 pg/ml) im Liquor bei gleichzeitiger Abwesenheit einer Narkolepsie-typischen Genmutation (HLA-DQB1*0602). Die "Indizien" dieses Falles - zusammen mit dem pathophysiologische Modell der Narkolepsie - sprechen dafür, dass der lokale Untergang Orexin-produzierender Neurone bzw. deren Projektionen zur Entstehung einer sekundären Narkolepsie geführt haben. Vermutlich besteht ein derartiger Zusammenhang auch bei anderen sekundären Narkolepsie-Formen, beispielsweise nach Hirntrauma, operativen Eingriffen, Enzephalitis und MS. (JL)

Quelle: Scammell, TE: Narcolepsy and low CSF orexin (hypocretin) concentration after an diencephalic stroke, Zeitschrift: NEUROLOGY, Ausgabe 56 (2001), Seiten: 1751-1753

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