Eine in den USA lebende 37-jährige Ghanerin stellte sich mit Erkältungssymptomen vor. Drei Tage später zeigte die (im ersten Trimenon schwangere) Frau bilateral Schwäche/Hypästhesine der Beine und schweren Tremor der oberen Extremitäten, Schwindel und hartnäckiges Erbrechen. Das T2-gewichteten FLAIR-MRTScans ergaben zahlreiche Läsionen im Kortex, in der subkortikalen weiße Substanz, bilateral im Thalamus und im Hirnstamm. Zugleich bestand eine langstreckige Rückenmarkläsion (von der oberen HES bis zur Medulla).
Es stellte sich heraus, dass sich die Frau vor drei bzw. zwei Wochen gegen Tetanus bzw. Masern, Mumps, Röteln, Varizellen hat impfen lassen. Alle Tests auf Viren, Bakterien und Pilze sowie diverse Autoimmun- Antikörper waren negativ. Die Differenzialdiagnosen lauteten nun postvakzinöse ADEM-ähnliche multifokale Demyelinisierung ohne Enzephalopathie und NMOSD.
Remission unter TPA und IVIg
Die Schwangere wurde mit fünf Zyklen eines Plasmaaustausches (TPA) und intravenösem Immunglobulin (IVIg) behandelt, woraufhin alle Symptome (und MRT-Läsionen) praktisch verschwanden. Im Serum fanden sich keine AQP4-, aber MOG-IgGAntikörper. Da die Frau MOG-IgG-negativ wurde und auch kein Rezidiv auftrat, handelte es sich am ehesten um eine monophasische MOG-NMOSD.
72 Fälle in der Literatur
Die Inzidenz einer zentralen Demyelinisierung nach Impfung beträgt nur ca. 0,1 bis 0,2 pro 100.000 Geimpfte. Die Literaturrecherche (2008 bis 2018) ergab 58 Publikationen zu 72 Patienten. Die Symptome traten durchschnittlich 25,8 Tage nach der Impfung (meist Influenza oder HPV) auf. Die Gesamtprognose war gut: 90,3 der Fälle zeigten Besserungen (mit partiellem oder kompletten Ansprechen auf Kortikosteroide) und 45,8 % erreichten eine Remssion. Sieben Patienten besserten sich spontan.
Fünf der 79 Patienten erhielten am Ende die Diagnose einer MS und neun einer NMOSD (davon in vier Fällen mit de novo nachgewiesenen AQP4-Antikörpern). HL