Atypische Antipsychotika

Neuro-Depesche 11/2008

MNS bei Kindern und Jugendlichen

Atypische Antipsychotika werden in den letzten Jahren mit drastischem Anstieg auch Kindern und Jugendlichen verschrieben. In einer Literaturrecherche suchten US-Autoren nun nach Veröffentlichungen über ein malignes neuroleptisches Syndromen (MNS), das unter Atypika-Therapie bei Patienten im Alter unter 18 Jahren aufgetreten ist, und beschrieben die Symptomatik und die Prognose.

Die Recherche ergab 20 zwischen 1991 und 2007 publizierte Fallbeschreibungen eines MNS bei Kindern und Jugendlichen, die mit den atypischen Antipsychotika behandelt worden waren. Das Alter der Betroffenen lag zwischen 11 und 18 Jahren, das Durchschnittsalter betrug 15,4 Jahre. 80% der Betroffenen waren männlich. Neun Patienten litten an Schizophrenie, vier an einer nicht näher definierten psychotischen Störung und fünf an einer bipolaren Erkrankung. Jeweils ein Patient wies eine Major Depression oder eine tiefgreifende Entwicklungsstörung auf.

16 Patienten erfüllten mindestens eines der drei MNS-Diagnose-Sets (DSM-IV-TR, Kriterien nach Levenson sowie nach Caroff und Mann), acht Patienten alle drei. Die wichtigsten klinischen Zeichen waren Fieber, Rigor und Tachykardie (plus erhöhte Creatinkinase-Spiegel). Die Symptomatik entsprach weitgehend dem des MNS bei Erwachsenen. Die Körpertemperatur der pädiatrischen Patienten war auf durchschnittlich 38,4° gestiegen, die durchschnittlichen Maximalwerte der CK betrugen 4692 U/l. Die verwendeten Atypika betrafen Aripiprazol in drei Fällen, Clozapin in zwei, Olanzapin in vier und Risperidon in fünf Fällen sowie Ziprasidon bei einem Patienten.

55% der 20 Patienten hatten ein weiteres Psychopharmakon wie Lithium, Haloperidol, Valproat etc. eingenommen. In zwei Fällen waren mehrere Atypika gleichzeitung oder in sehr kurzem Abstand verabreicht worden. Die detailliertere Betrachtung ergab, dass bei 80% der Betroffenen eine Woche vor dem Auftreten des MNS die Dosis eines Medikaments verändert worden war. Bei 50% war dem MNS eine Episode extrapyramidaler Symptome vorausgegangen. Die Autoren benennen als mögliche Risikofaktoren daher Polypharmazie, Änderungen der Medikation und EPS in der Anamnese.

<

Lesen Sie den ganzen Artikel

Fachgruppen-Login


Zugangsdaten vergessen?

Fazit
?! Unter atypischen Antipsychotika kann auch bei Kindern und Jugendlichen ein malignes neuroleptisches Syndrom (MNS) auftreten. Die Patienten bzw. ihre Eltern sollten über diese seltene, aber stets behandlungspflichtige und potenziell tödliche Nebenwirkung aufgeklärt und mit den typischen Symptomen wie unklares Fieber, Tachykardie etc. vertraut gemacht werden, um im Zweifelsfall schnell medizinische Hilfe zu suchen. Ob es unter den Atypika eventuell ein milder verlaufendes „atypisches MNS“ gibt, wird weiterhin kontrovers diskutiert. Indirekt dafür spricht, dass keiner der 20 in der Literatur beschriebenen pädiatrischen Patienten verstorben ist.

Alle im Rahmen dieses Internet-Angebots veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen und Zweitveröffentlichungen, vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung, Verlinkung oder Weiterverbreitung in jedem Medium als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

x