Umfrage zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie

Neuro-Depesche 10/2020

Migräne-Symptomatik verschlechtert sich und chronifiziert

Patienten mit chronischen Krankheiten sind von den Einschränkungen der medizinischen Versorgung im Rahmen der COVID-19-Maßnahmen besonders betroffen. In einer webbasierten Umfrage wurde erfasst, wie sich die Pandemie auf Migräne-Patienten im „wirklichen Leben“ auswirkt. Es ergaben sich ganz überwiegend Verschlechterungen, bei einem nicht geringen Teil der Patienten chronifizierte die Migräne.
Insgesamt 1.018 Patienten aus dem Register einer Kopfschmerz-Klinik, überwiegend Frauen (n = 859; 84,3 %), nahmen an der anonymen webbasierten Umfrage teil. Im mittleren Lebensalter von 20 bis 40 Jahren waren 733 (71,9 %), verheiratet 630 (61,8 %). Mit 446 Patienten gab knapp die Hälfte (45,7 %) an, während der Pandemie gearbeitet zu haben.
 
Attackenfrequenz und -schwere steigen
Im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie berichtete die Mehrheit von 607 Befragten (59,6 %) einen Anstieg der Migränefrequenz (von durchschnittlich 5,7 ± 5,5 auf 8,0 ± 7,1) und 653 (64,1 %) über eine Zunahme des Schweregrades, die in 229 Fällen (22,5 %) zum Besuch einer Notaufnahme geführt hatte. 105 (10,3 %) gaben eine Konversion von einer episodischen zu einer chronischen Migräne (≥ 15 Tage/ Monat) an. Eine Abnahme der Attackenhäufigkeit berichteten dagegen nur 163 Patienten (16 %). 794 (78,1 %) der Befragten berichteten Schlafstörungen und 809 (79,5 %) Symptome von Angst und/oder Depressionen.
 
Häufigkeit und Folgen der eingeschränkten Behandlung
Mit 626 Befragten (61,5 %) hatte die Mehrheit keinen Kontakt mit ihrem Neurologen, 477 (46,9 %) berichteten ein Pausieren der Behandlung. 256 Befragte (25,1 %) schilderten es als schwierig, an ihre Medikamente zu kommen, und 597 (58,7 %) berichteten einen übermäßigen Gebrauch von Analgetika. 406 (39,9 %) Patienten räumten ein, während der Pandemie traditionelle/ alternative Therapien angewendet zu haben. Die Absage von BoNT-Injektionen bei 227 Befragten wirkte sich bei 150 (66,1 %) negativ auf die Symptome aus. Immerhin 41 Befragte (4 %) waren mit COVID-19 infiziert. Unter diesen berichteten 26 (63,4 %) eine Verschlechterung ihrer Kopfschmerzen während der akuten Infektionsperiode. JL
Fazit
In einem höheren Maß als erwartet wirkte sich die COVID-19-Pandemie auf die Patienten mit Migräne negativ aus. Angesichts der sicher noch länger anhaltenden Maßnahmen sollten langfristige Strategien entwickelt und angewendet werden, um für die Patienten eine adäquate medizinische Versorgung zu gewährleisten. Ein Schwerpunkt sollte dabei auf dem psychosozialen Wohlbefinden liegen.
Quelle: Al-Hashel JY et al.: Impact of coronavirus disease 2019 (COVID-19) pandemic on patients with migraine: a web-based survey study. J Headache Pain 2020; 21(1): 115 [Epub 24. Sept.; doi: 10.1186/ s10194-020-01183-6]

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