Bipolare Erkrankung

Neuro-Depesche 6/2010

Mehr Suizidversuche unter Antikonvulsiva?

Wissenschaftler der University of Illinois in Chicago untersuchten die Häufigkeit von Suizidversuchen bei bipolar erkrankten Patienten unter einer Therapie mit Antiepileptika – und kamen zu nicht erwarteten Ergebnissen.

In dieser pharmakoepidemiologischen Studie wurde eine Kohorte von 47 918 Patienten mit bipolarer Erkrankung untersucht, für die Daten aus dem Verordnungsregister PharMetrics vorlagen. Verglichen wurden die Raten an Suizidversuchen vor und nach dem Beginn einer medikamentösen Monotherapie mit elf „verdächtigten“ Antiepileptika (Carbamazepin, Felbamat, Gabapentin, Lamotrigin, Levetiracetam, Oxcarbazepin, Pregabalin, Tiagabin, Topiramat, Valproat und Zonisamid) gegenüber keiner Pharmakotherapie bzw. einer – als suizidprophylaktisch geltenden – Lithium-Monotherapie.

Insgesamt unterschieden sich die 13 385 mit einem Antiepileptikum Behandelten hinsichtlich der Häufigkeit von Suizidversuchen nicht von den nicht mit Antiepileptika Behandelten: Die Rate betrug jeweils 13 Versuche pro 1000 Personenjahre (Lithium: 18). Erfolgte überhaupt keine Psychopharmakotherapie der Bipolar-Störung (n = 11 207) lag die die Rate bei 15 Suizidversuchen.

Ein Häufigkeitsunterschied ergab sich insofern als Suizidversuche bei den Antiepileptika-Behandelten vor Beginn dieser Therapie deutlich häufiger waren als danach (72 vs. 13 Versuche pro 1000 Personenjahre). Dies traf auch auf Lithium (99 vs. 18 Versuche vor bzw. nach der Behandlung) und schwächer ausgeprägt für jegliche Pharmakotherapie der Bipolar-Erkrankung zu.

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Fazit
?! Ein Komitee der US-amerikanischen FDA bestätigte 2008 nach Metaanalyse-Resultaten eine signifikante Relation zwischen der Einnahme von Antiepileptika (bei verschiedenen Erkrankungen) und einem erhöhten Risiko für Suizidgedanken und -handlungen, sprach sich aber gegen einen Warnhinweis aus. Dagegen scheint für die untersuchten Antiepileptika kein Klasseneffekt für eine Häufung von Suizidversuchen bei Bipolar-Patienten gegenüber einer Nicht- bzw. Lithium-Monotherapie zu bestehen, wie diese Studie nahe legt. Tatsächlich entfalten sie in bestimmten Patientengruppen offenbar sogar eine Schutzwirkung. Einmal mehr wird die Schwäche metaanalytischer Auswertungen deutlich, wenn die Einschlussbedingungen nicht differenzierend genug sind.

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