Prophylaxe depressiver Episoden

Neuro-Depesche 6/2015

MBCT der Antidepressiva-Therapie überlegen?

Zertifizierte Fortbildung

Britische Forscher verglichen in der randomisierten, kontrollierten Studie PREVENT erstmals die Wirksamkeit zweier Therapieansätze zur Verhütung neuer affektiver Episoden: Die mindfulness-based cognitive therapy (MBCT) und die übliche Erhaltungstherapie mit Antidepressiva.

Die MBCT ist eine in Gruppensitzungen abgehaltene psychosoziale edukative Intervention, die einer Metaanalyse zufolge das relative Risiko für einen Rückfall/Rezidiv gegenüber einer Standardbehandlung um 34% verringern konnte. Bislang existierte kein Vergleich mit der Antidepressiva- Erhaltungstherapie, die als Standard der Rückfallprophylaxe über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren gilt (NICE, 2009).
In die einfach geblindete Studie eingeschlossen wurden 424 in 95 städtischen und ländlichen Hausarztpraxen behandelte Erwachsene mit einer rezidivierenden Major Depression (≥ 3 Akutphasen), die teilweise oder ganz remittiert war. Sie wurden mit diversen üblichen Antidepressiva behandelt, die in der MBCT-Gruppe vor Beginn der Vergleichsphase langsam in der Dosis reduziert oder ganz ausgeschlichen wurden.
212 Patienten wurden zur MBCT (8 Sitzungen plus 4 Auffrischungen) und 212 zur Antidepressiva- Erhaltungstherapie randomisiert. In der Nachbeobachtungszeit von zwei Jahren wurden die Patienten in wechselnden Intervallen fünfmal untersucht. Etwa 80% durchliefen die gesamte Studiendauer.
Im primären Studienendpunkt, dem Zeitraum bis zu einem Rückfall bzw. Rezidiv ergaben sich in der Intention-to-treat-Analyse zwischen den beiden Gruppen über 24 Monate keine signifikanten Unterschiede (44% vs. 47%); die Hazard Ratio betrug 0,89 (95%-KI: 0,67–1,18; p = 0,43).
Auch in keinem der sekundären Endpunkte – Zahl der depressionsfreien Tage, depressive Residualsymptome, körperliche und psychiatrische Komorbidität sowie Lebensqualität und Kosteneffektivität – erwies sich die MBCT der medikamentösen Therapie signifikant überlegen. Lediglich einer Subgruppenanalyse zufolge profitierten in der Kindheit missbrauchte Patienten unter einer MBCT von einer stärkeren Prophylaxe als die Nicht-Missbrauchten (Rückfälle/ Rezidive: 47% vs. 59%). JL
Kommentar

50–80% aller depressiven Erkrankungen gehen mit Rückfällen bzw. Rezidiven einher, die zu verhüten ein enormer Fortschritt wäre – für die Patienten selbst, aber auch zur Reduktion der gesellschaftlichen Kosten. Die MBCT kommt dem Wunsch vieler depressiver Patienten nach einer Alternative zur medikamentösen Dauertherapie entgegen. In dieser direkten Vergleichsstudie ergaben sich für diese Intervention in der Vorbeugung neuer depressiver Episoden über 24 Monate weder Vorteile noch Nachteile. Da nicht einmal die Kosteneffektivität unterschiedlich war, ist die Wahl sozusagen frei.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Kuyken W et al.: Effectiveness and costeffectiveness of mindfulness-based cognitive therapy compared with maintenance antidepressant treatment in the prevention of depressive relapse or recurrence (PREVENT): a randomised controlled trial. Lancet 2015 [Epub ahead of print: 21. April; doi: 10.1016/ S0140-6736(14)62222-4]

ICD-Codes: F32.2

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