Depressionsrisiko bei Patienten mit MS

Neuro-Depesche 7-8/2015

Lifestyle-Faktoren beachten und verändern

Eine Depression ist die häufigste komorbide psychische Erkrankung bei MS-Patienten und hat – unabhängig von der MS-Schwere – den stärksten negativen Einfluss auf die Lebensqualität. Australische Forscher befassten sich jetzt mit Lifestyle-Variablen, klinischen Merkmalen und der Medikation als mögliche Risikofaktoren einer Depression.

Via Internet wurde ein sehr heterogenes Kollektiv von 2459 MS-Patienten für die Querschnittsstudie rekrutiert. Die Mehrheit hatte eine schubförmige MS (61,3%) und wies einen leichten Behinderungsgrad auf (Score des Patient-Determined Disease Steps, PDDS, 0–2: 54,8%). In dem Screening mit dem Patient Health Questionnaire- 2 (PHQ-2) war bei einem Grenzwert von ≥ 3 fast jeder fünfte Patient (n = 429; 19,3%) depressiv. Unter ihnen hatten nach der Fatigue Severity Scale (FSS) 92,9% eine klinisch relevante Fatigue.
In bivariaten Analysen korrelierten mit der Depressivität mehrere soziodemographische Variablen wie jüngeres Alter, längere Erkrankungsdauer etc. und klinische Variablen wie primärprogressiver Verlauf, schwerere Behinderung etc. signifikant.
Den Regressionsanalysen zufolge erhöhten mehrere (modifizierbare) Lifestyle-Faktoren das Risiko für eine Depression: schlechte Ernährung (adjustierte Odds Ratio: 2,73), Übergewicht bzw. Adipositas (aOR: 1,23 bzw. 1,47), Rauchen (aOR: 2,29) und eine ausgeprägte soziale Isolation (aOR: 2,43). Außerdem gingen Therapien mit Interferon-beta-Präparaten – nicht unerwartet – mit einem größeren Depressionsrisiko einher (aOR: 1,47).
Umgekehrt war das Risiko für eine Depression signifikant verringert, wenn die Patienten eine Supplementierung mit Omega-3-Fettsäuren betrieben (aOR: 0,5), viel Fisch aßen (aOR: 0,48), häufig meditierten (aOR: 0,47), ≥ 5000 IU Vitamin D supplementierten (aOR: 0,48), körperlich aktiv waren (aOR: 0,51 ) und nur mäßig Alkohol tranken (aOR: 0,73). Zum großen Teil waren die Zusammenhänge dosisabhängig.
Ein möglicher Zusammenhang könnte darin bestehen, dass bei der Depression diverse Entzündungszeichen vermehrt sind – und Faktoren wie Rauchen, körperliche Übungen, Meditation, etc. inflammatorische Prozesse modulieren. JL
Kommentar

Depressionen haben bei MS-Patienten eine jährliche Inzidenz von etwa 20% und einen Lebenszeitprävalenz von 50% oder mehr. Verschiedene (modifizierbare) Lifestyle-Faktoren standen in diesem großen MS-Kollektiv mit dem Depressionsrisiko in klarem Zusammenhang, darunter so verbreitete „Laster“ wie Rauchen, Inaktivität und Übergewicht. Dies sollte in der Beratung der Patienten kommuniziert werden. Die Frage nach der Kausalität kann allerdings nur in Follow-up- Studien geklärt werden.

Quelle:

Taylor KL et al.: Lifestyle factors, demographics and medications associated with depression risk in an international sample of people with multiple sclerosis. BMC Psychiatry 2014; 14(1): 327 [Epub 3. Dez.; doi: 10.1186/s12888-014-0327-3]

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