Doppelblindstudie im Double-Dummy-Design

Neuro-Depesche 1-2/2016

Lichttherapie auch bei nicht-saisonaler Depression hochwirksam

Zertifizierte Fortbildung

Die Lichttherapie ist bei saisonaler oder „Winterdepression” eine etablierte, evidenzbasiert wirksame Therapieoption. Kanadische Psychiater untersuchten nun in einer randomisierten, aktiv (SSRI) und Placebo-kontrollierten Studie jetzt die Wirksamkeit einer Lichttherapie bei Patienten mit normaler, nicht-saisonaler Major Depression. Es kam zu gänzlich unerwarteten Ergebnissen.

Insgesamt wurden 122 ambulante Patienten im Alter zwischen 19 und 60 Jahren mit einer mindestens mittelschweren depressiven Symptomatik (durchschnittlicher Score der Montgomery-Åsberg Depression Rating Scale [MADRS] von ca. 22) eingeschlossen und zu vier Gruppen randomisiert: Zu einer Monotherapie mit 10 000 Lux weißem Licht 30 min/täglich plus Placebo (n = 32), einer Monotherapie mit bis zu 20 mg/d des SSRI Fluoxetin (n = 31) und unwirksamer Lichtexposition, einer Kombination von Licht und SSRI (n = 29) sowie einer doppelten Scheinbehandlung, also mit unwirksamen Licht plus Placebo-Tablette (n = 30). Primärer Wirksamkeitsendpunkt waren Veränderungen der Depressivität nach den MADRS-Werten nach acht Wochen, sekundäre Endpunkte der Anteil an Patienten mit einer Response (MADRS-Reduktion ≥ 50%) und eine- Symptomremission (MADRS-Score ≤ 10 zu Studienende).
Die Behandlungen zeigten konsistente und vor allem erstaunliche Ergebnisse mit signifikanten Unterschieden zugunsten der beiden Arme mit der Lichttherapie: Die durchschnittlichen Abnahmen des MADRS-Scores betrugen 13,4 in der Licht-, 16,9 in der Kombinations-, 8,8 in der Fluoxetin- und 6,5 in der Placebo-Gruppe. Dementsprechend fiel auch die Effektgröße der Therapien nach Cohen’s d für die Kombination von Lichttherapie und SSRI mit 1,11 am größten aus, gefolgt von der Lichttherapie allein (d = 0,80). Dem hingegen war die Effektgröße unter Fluoxetin-Monotherapie (d = 0,24) klein und nicht signifikant höher als unter Placebo.
Ebenfalls in diesem Ranking standen die Responseund Remissionsraten: Auf die Kombination und auf die Lichttherapie allein sprachen 75,9% bzw. 50,0% der Teilnehmer an, auf den SSRI allein aber nur 29,0% (Placebo: 33,3%). Eine Remission erzielten dabei 58,6% bzw. 43,8%, aber nur 19,4% unter Fluoxetin (Placebo: 30,0%). Insbesondere unter der Licht- /SSRI-Kombination ergab sich eine äußerst günstige, Placebo (und Fluoxetin) deutlich überlegene Number needed to treat von 2,4 (Response) bzw. 3,5 (Remission).
In der generell guten Verträglichkeit ergaben sich in den vier Gruppen kaum relevante Unterschiede, wenngleich einige Nebenwirkungen unter dem SSRI allein häufiger auftraten. JL
Kommentar

Die konsistente Wirkung der Kombination aus Lichttherapie und SSRI, aber auch die gute Wirkung der Lichttherapie allein, lassen aufhorchen und die Exklusivität der Lichttherapie für die saisonale Depression als fraglich erscheinen. Warum das als wirksames Antidepressivum bekannte Fluoxetin sogar schlechter als Placebo abschnitt, könnte den Autoren zufolge an den kleinen Gruppengrößen liegen. Dieser Umstand limitiert auch generell die Aussagekraft dieser Studie.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Lam RW et al.: Efficacy of bright light treatment, fluoxetine, and the combination in patients with nonseasonal major depressive disorder: a randomized clinical trial. JAMA Psychiatry 2016; 73(1): 56-63

ICD-Codes: F33.9

Alle im Rahmen dieses Internet-Angebots veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen und Zweitveröffentlichungen, vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung, Verlinkung oder Weiterverbreitung in jedem Medium als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

x