Depression im Alter

Neuro-Depesche 1-2/2016

Längere Symptomdauer – höhere Sterberate

Bei depressiven Patienten ist das Mortalitätsrisiko deutlich erhöht. Britische Ärzte haben nun in einer großen Langzeitstudie untersucht, ob bzw. in welchem Ausmaß die Dauer der depressiven Symptome die Sterberate beeinflusst.

Hierfür bewerteten 9560 ältere Menschen aus der English Longitudinal Study of Ageing (ELSA) ihre depressiven Symptome viermal im Studienverlauf mit Hilfe der Skala Center for Epidemiologic Studies Depression Scale (CES-D). Eine Depression wurde bei einem CES-D-Score > 3 Punkte konstatiert. Demnach hatten im Zeitraum 2002/2003 1842 Personen (19,3%),2004/2005 1072 (11,2%), 2006/2007 760 (7,9%) und 2008/2009 619 Personen (6,5%) eine relevante depressive Symptomatik. Die übrigen 5267 Teilnehmer waren mit CES-D-Werten < 3 nicht depressiv.
Im Nachbeobachtungszeitraum von durchschnittlich 4,2 Jahren nach der letzten Erhebung (2008/2009) ereigneten sich 991 Todesfälle. Während das Lebensalter und das Geschlecht keinen Einfluss auf die Sterberate hatten, war dies für die Dauer der depressiven Symptomatik der Fall: In den vier Zeiträumen ergab der Vergleich mit nach Alter und Geschlecht abgestimmten nichtdepressiven Kontrollen für die Mortalität jeweils eine Hazard Ratio von 1,41 (95%-KI: 1,15–1,74), 1,80 (95%-KI: 1,44–2,26), 1,97 (95%-KI: 1,57–2,47) und 2,48 (95%- KI: 1,90–3,23; p < 0,001). Somit nahm die Sterberaten-Erhöhung mit der Dauer der Depression schrittweise von 41% auf 148% zu. Keinen signifikanten Einfluss auf die Mortalität hatten jedoch Depressionen, die weniger als ein Jahr angedauert hatten.
Die weitere Auswertung ergab, dass eine länger bestehende Depression vor allem bei Frauen, bei Personen im fortgeschrittenen Lebensalter, mit niedrigem Einkommen, bei Alleinlebenden, Rauchern und Personen mit funktionellen Beeinträchtigungen bestand.
Eine gesunde Lebensweise dagegen minderte das Risiko: Depressive Personen, die nicht rauchten, keinen Alkohol tranken und körperlich aktiv waren, wiesen ein signifikant um 38,5% geringeres Mortalitätsrisiko auf (HR 1,26 vs. 1,16; p < 0,001). Eine Reduktion gleichen Umfangs fand sich auch bei Depressiven ohne funktionelle Defizite. Der statistische Zusammenhang wurde außerdem um 23,1% geschwächt, wenn der allgemeine Gesundheitszustand zu Baseline und die Kognition einberechnet wurden. Eine weitere Minderung der erhöhten HR für die Sterblichkeit um jeweils 15,4% wurde nach Adjustierung der Daten auf chronische Krankheiten und Herzkreislauferkrankungen festgestellt. Tatsächlich ergab sich nach Einberechnung aller Kovariablen zwischen der Zahl der Befragungswellen mit positivem Deprepressionsbefund und der Sterblichkeit eine deutliche Verringerung der HR (um 76,9%) und damit keine signifikante Assoziation mehr (p = 0,35). NW
Quelle:

White J et al.: Duration of depressive symptoms and mortality risk: the English Longitudinal Study of Ageing (ELSA). Br J Psychiatry 2016; 1-6 [Epub 21. Jan.; doi: 10.1192/bjp.bp.114.155333]

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