Erwachsene mit Schizophrenie

Neuro-Depesche 4/2010

Kognitive Defizite ab der Kindheit - wie geht es weiter?

Eine kürzlich durchgeführte Metaanalyse zeigt, dass erwachsene Schizophrenie-Patienten bereits in der Kindheit ein deutliches Intelligenzdefizit aufweisen. Obwohl die lange vor Ausbruch der Erkrankung bestehenden kognitiven Defizite heute gut dokumentiert wurden, sind deren Veränderungen im Verlauf noch weitgehend unbekannt. Nun wurden die Daten einer 30-Jahres-Studie ausgewertet.

Zwischen dem 3. und 32. Lebensjahr unterzogen sich 1037 Männer und Frauen einer repräsentativen Geburtskohorte (1972–73) aus Dunedin/Neuseeland mehrfach der Wechsler Intelligence Scale for Children – Revised (WISC-R). Die Ergebnisse wurden zwischen Personen verglichen, die später an einer Schizophrenie (n = 35) oder einer Depression (n = 145) erkrankten bzw. psychiatrisch unauffälig blieben (n = 556).

Der durchschnittliche IQ der Kinder mit späterer Schizophrenie und späterer Depression lag bei 94 bzw. 98 Punkten gegenüber 101 Punkten bei den Gesunden. Kinder, die im Erwachsenenalter eine Schizophrenie entwickelten, zeigten im Alter zwischen sieben und 13 Jahren in verschiedenen WISC-R-Subkatego­rien – verbaler und visueller Wissenserwerb, logisches Denken sowie Konzeptualisierung – kognitive Defizite, die früh vorhanden waren und sich kaum veränderten. Außerdem „hinkten“ sie hinsichtlich Verarbeitungsgeschwindigkeit, Aufmerksamkeit, Lösungsvermögen visuell-räumlicher Aufgaben und Arbeitsgedächtnis den Vergleichspersonen zeitlich hinterher, die Verzögerung belief sich auf 0,17 bis 0,26 „geis­tige Altersjahre“. Sowohl die statischen kognitiven Defizite als auch die Entwicklungsverzögerung waren bei den Kindern mit späterer Depression ebenfalls vorhanden, aber weit weniger stark ausgeprägt.

Die Hypothese einer zunehmenden kognitiven Verschlechterung bei den später an einer Schizophrenie Erkrankten konnte allerdings nicht bestätigt werden. Alle zwischen dem 7. und 13. Lebensjahr durchgeführten Tests dazu belegten im Gegenteil eine lineare und signifikante Verbesserung der kognitiven Funktionen (p < 0,001) wie sie der Entwicklung bei Gesunden entspricht.

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Fazit
?! Diese Studie deutet darauf hin, dass zwei miteinander in Wechselbeziehung stehende Entwicklungsprozesse die Entstehung der Schizophrenie begleiten: früh auftretende, statische neurokognitive Beeinträchtigungen und diverse Entwicklungsverzögerungen. Beide scheinen u. a. in einem niedrigeren IQ zu münden. Offenbar treffen diese Mechanismen auf die später depressiv Erkrankenden nicht in dieser Weise bzw. nicht so akzentuiert zu.

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