Zwischen 22. April und 7. Mai 2020 wurden in Italien 497 vorwiegend weibliche (70,6 %) MS-Patienten im Alter zwischen 19 und 73 Jahren online befragt. Etwa jede/r achte Patient/in (16,5 %) wies vor der Pandemie eine psychiatrische Störung auf. Unter ihnen war ca. ein Viertel (28 %) psychotherapeutisch behandelt worden, doch während des Lockdown unterbrachen diese Therapie 40,9 % der MS-Patienten, 36,4 % setzen sie per Video fort.
Unter Berücksichtigung von Alter, Geschlecht, vorbestehenden psychischen Erkrankungen etc. wies das MS-Kollektiv gegenüber 348 gesunden Kontrollen nach dem Quality of Life in Neurological Disorders (Neuro‐QoL) u. a. signifikant höhere Werte für Depression (15,54 vs. 13,87; p = 0,005), nicht jedoch für Angst (19,61 vs. 18,26; p = 0,064) auf.
In einer Post-hoc-Analyse wurde nun die Beziehung zwischen körperlicher Behinderung (anhand der Patient‐Determined Disease Steps, PDDS), körperlicher Aktivität sowie depressiven und Angstsymptomen analysiert. Die hierarchischen Regressionsanalysen zeigten, dass stärkere Behinderung und geringe körperliche Betätigung eine signifikante Varianz der Angst und Depression (je p < 0,001) erklärten. Im Interaktionsplot von Behinderung und Bewegung traf dies nur auf die Depression zu, aber nicht auf die Angst.
Auf die mit der PDSS-Behinderung assoziierten depressiven Symptome wirkte sich eine körperlicher Aktivität jeglicher Intensität signifikant vorteilhaft aus (niedrig: p < 0,001; mäßig: p < 0,001; hoch: p = 0,003). Sie war für diejenigen, die weniger trainierten, stärker ausgeprägt, d. h. der Effekt der Behinderung auf depressive Symptome nimmt mit zunehmender körperlicher Bewegung ab. Dass die körperliche Betätigung vor den Behinderungseffekten auf die psychische Gesundheit schützen kann, galt unabhängig von der MS-Dauer vor allem für Frauen (p = 0,002) und jüngere Patienten (p = 0,006). HL