Die rationale Auswahl eines Antidepressivums stellt den behandelnden Arzt oft vor Herausforderungen. Schließlich ist die Auswahl auch an neueren, modernen Antidepressiva sehr groß. Hochdosierter Johanniskraut-Extrakt hat sich in einer Vielzahl klinischer Studien als wirksam erwiesen. Auch gegenüber einem etablierten SSRI hatte das – in den aktuellen S3-Leitlinien empfohlene – Medikament eine vergleichbare Wirksamkeit, war jedoch deutlich besser verträglich.
Lange Zeit wurde diskutiert, ob hochdosierter Johanniskraut-Extrakt ähnlich wirksam ist wie synthetische Antidepressiva. Für die zugelassene Indikation – leichte und mittelschwere depressive Episode – ist dies jedoch mittlerweile durch mehrere Metaanalysen belegt, so Prof. Dr. Hans-Peter Volz, Schloss Werneck. Zuletzt bestätigt eine umfassende Cochrane-Auswertung die Plazebo überlegene und synthetischen Standardantidepressiva vergleichbare Wirksamkeit.
In einer multizentrischen, randomisierten, doppelblinden, plazebo- und verumkontrollierten Phase-III-Studie wurde der hochdosierte Johanniskraut-Extrakt STW 3-VI (900 mg/d) bei Patienten mit mittelgradiger Depression untersucht. Auch hier ergab sich für STW 3-VI bezüglich der Wirksamkeit (Rückgang des HAMD-Scores) und der Responderraten die Überlegenheit über Plazebo und die Gleichwertigkeit zu dem als Leitsubstanz geltenden SSRI Citalopram (20 mg/d). Hinsichtlich eventueller Nebenwirkungen sind die Vorteile ebenfalls eindeutig auf Seiten des Johanniskrautextraktes. In der Phase-III-Studie lag die Nebenwirkungsrate sogar unter Plazeboniveau, und auch die Cochrane-Metaanalyse bestätigt eine bessere Verträglichkeit als die synthetischen Antidepressiva.
Die möglichen pharmakokinetischen Interaktionen von Johanniskraut vor allem mit Antikoagulantien, Antiepileptika und Kontrazeptiva aufgrund der Induktion des Cytochrom P450-Enzymsystems und/oder des p-Glykoprotein-Transportersystems sollten beachtet, aber nach Volz Worten im Behandlungsalltag auch richtig gewichtet werden.
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