Wissenschaft und Wirtschaft

Neuro-Depesche 11/2015

IQ-Vorhersage für das Jahr 2060

Psychologen aus Chemnitz haben die Veränderungen des durchschnittlichen IQ US-amerikanischer Schüler in den letzten vier Dekaden analysiert und die Entwicklung auf die kommenden Jahrzehnte extrapoliert. Danach wird der IQ in den USA im Jahre 2060 um durchschnittlich drei Punkte gestiegen sein, ethnische Minoritäten holen auf. Schüler asiatischer Ethnien lassen die anderen immer weiter hinter sich.

Nach den Resultaten des National Assessment of Educational Progress (NAEP) zur kognitiven Leistungsfähigkeit, an der zuletzt 50 000 Studenten teilgenommen hatten, wurde die Veränderung zwischen 1971 und 2012 berechnet. Berücksichtigt wurden dabei demographische Trends und Projektionen. Als Referenz wurde der durchschnittliche, anhand eines Cognitive Ability Scores für Schreiben/Rechnen „kalkulierte IQ“ der größten Teilnehmergruppe gesetzt: Weiße Schüler hatten danach 1978/80 bzw. 2012 einen IQ von 100 bzw. 102,28. Der IQ bei den Schwarzen bertrug 81,46 bzw. 91,14, bei den Hispaniern 86,92 bzw. 93,60 und bei den Asiaten 100,89 bzw. 105,05 (durchschnittl: 97,27 bzw. 98,88; Zunahme: +1,61 IQ-Punkte).
Das „optimistische” Modell für 17-jährige Studenten (NAEP-Zeitraum 1978/80 bis 2012) zeigte eine Zunahme des IQ auf 103 Punkte im Jahre 2060. Der zu erwartende durchschnittliche Anstieg pro Dekade liegt demnach bei 0,76 (bzw. bei 0,45 IQ-Punkten in einem „pessimistischen” Modell). Das Aufholen bei den Minoritäten trägt dabei im Durchschnitt mit 2 (der 3) IQ-Punkte bei, adjustiert auf das stärkere Wachstum dieser Bevölkerungsgruppen ca. 1 IQ-Punkt. Im Einzelnen werden die Werte 2060 für weiße Schüler 104,51, für schwarze 98,05, für hispanische 100,99 und für asiatische Schüler 113,05 betragen (Durchschnitt: 103,17).
Die Auswertung nach Ethnien im „optimistischen“ Modell ergab, dass sich die IQ-Unterschiede zwischen Weißen und Schwarzen (von 11,1 auf 6,5 Punkte) sowie zwischen Weißen und Hispaniern (von 8,7 auf 3,5 Punkte) 2060 etwa halbieren werden. Dagegen wird sich die Differenz zwischen Weißen und Asiaten verdreifachen (von 2,8 auf 8,5 Punkte). Dies gipfelt in einer – relativ kleinen – Spitzengruppe asiatischer Schüler mit einem IQ von ca. 113. JL
Kommentar

Angesichts zunehmend komplexerer beruflicher Anforderungen wird die IQ-Zunahme um drei Punkte dringend gebraucht, so die Autoren. Allerdings ist die Zunahme im Vergleich mit den Jahrzehnten vor 1972 mit international 2–3 IQ-Punkten pro Dekade „enttäuschend“. Nicht zuletzt weisen die Autoren auf „knallharte“ ökonomische Konsequenzen hin. So lassen sich die Verbesserungen der kognitiven Fähigkeiten u. a. in Erhöhungen der Arbeitsproduktivität ausdrücken: International betrachtet korrespondiert ein IQ-Punkt mehr mit zusätzlichen 810 US-Dollar pro Kopf und Jahr. Intelligenz punktet also auch im Hinblick auf den globalen Konkurrenzdruck.

Quelle:

Rindermann H, Pichelmann S: Future cognitive ability: US IQ prediction until 2060 based on NAEP. PLoS One 2015;10(10): e0138412 [Epub 13. Okt.; doi: 10.1371/journal.pone.0138412]

Alle im Rahmen dieses Internet-Angebots veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen und Zweitveröffentlichungen, vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung, Verlinkung oder Weiterverbreitung in jedem Medium als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

x