Alter Parameter neu bewertet

Neuro-Depesche 10/2020

IgG-Index: Hoher diagnostischer und prognostischer Nutzen?

Die frühzeitige und zuverlässige Diagnose einer MS ist trotz immer weiter entwickelter diagnostischer Kriterien noch immer eine Herausforderung. Jetzt wurde in einer Kohorte von Patienten mit klinisch isoliertem Syndrom (CIS) der diagnostische Nutzen und die prognostische Aussagekraft des Immunglobulin G (IgG)-Index im Liquor untersucht. Es könnte Zeit dafür sein, diesen angesichts der Dominanz der Bildgebung etwas in den Hintergrund geratenen Parameter neu zu bewerten.
In der retrospektiven Studie wurde der IgG-Index in einer Kohorte von 105 chinesischen CIS-Patienten, für die die initialen Befunde der oligoklonalen Banden (OCB) vorlagen, in dreifacher Hinsicht ausgewertet.
Neben dem Vorhersagewert des IgG-Index für den OCB-Status und für den klinischen Verlauf über ein und zwei Jahre wurde der Index probatorisch in die McDonald-Kriterien 2017 aufgenommen: Dabei wurde das Kriterium „OCB“ durch die Termini „IgG-Index oder OCB“ (Modifikation 1), „IgG-Index und OCB“ (Mod. 2) oder aber durch „IgG-Index“ allein (Mod. 3) ersetzt.
 
ARR und EDSS-Progression
Bei diesen 105 CIS-Patienten prädiziert ein IgG-Index > 0,7 signifikant eine OCBPositivität (X2: 22,90, p < 0,001). Außerdem prognostizierte der Index über die nächsten ein bzw. zwei Jahre signifikant sowohl die Schubrate (bereinigte Odds Ratio [OR]: 1,32, p = 0,015 bzw. OR: 1,69, p = 0,013) als auch die Zunahme der Behinderung nach EDSS (OR: 1,76, p = 0,040 bzw. OR: 1,85, p = 0,032).
 
Effekte auf McDonald-Diagnose
Für die Wahrscheinlichkeit einer MS-Diagnose innerhalb der nächsten zwei Jahre wies die Anwendung der nicht-modifizierten McDonald-Kriterien bei den CISPatienten eine positive Likelihood Ratio (LR) von 1,54 und eine negative LR von 0,56 auf. Die Anwendung der wie beschrieben modifizierten Kriterien erhöhte die Wahrscheinlichkeit einer MS-Diagnose bei einem IgG-Index > 0,7 zu Studienbeginn deutlich: Bei einem unbekannten OCB-Status betrug die positive LR 2,11 und bei OCB-Positivität 2,11. Ein IgG-Index ≤ 0,7 plus OCB-Negativität halfen mit einer negativen LR von 0,53 die MS-Diagnose auszuschließen. HL
Fazit
Diese Studie wirft ein positives Licht auf die Anwendung des IgG-Indexes (Cut-off > 0,7).Er könnte in der MS-Diagnostik als zuverlässiger Befund das OCB-Kriterium ergänzen bzw. ersetzen. Ob diese in der asiatischen Bevölkerung aufgezeigten Zusammenhänge auch für „Kaukasier“ gelten, bedarf allerdings der Überprüfung.
Quelle: Zheng Y et al.: IgG Index revisited: diagnostic utility and prognostic value in multiple sclerosis. Front Immunol 2020; 11: 1799 [Epub 20. Aug.; doi: 10.3389/fimmu.2020.01799]

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