Für die MS existiert bislang kein zuverlässiger Biomarker zur Abschätzung von Krankheitsaktivität und Verlauf. Jetzt zeigte eine Arbeitsgruppe der TU München, dass das Vorliegen einer intrathekalen Immunglobulin-G-Synthese erlaubt, eine frühe und ausgeprägte Behinderungsprogression zu prognostizieren.
In die Nationale MS-Patientenkohorte des KKNMS wurden zwischen Aug. 2010 und Nov. 2015 insgesamt 1.376 Patienten aus 18 Studienzentren eingeschlossen. Nach Ausschluss aller Teilnehmer ohne Liquorbefunde oder EDSS-Daten konnten 673 Patienten ausgewertet werden (mittleres Alter initial 34 Jahre; 68,2 % Frauen). Zu Studienbeginn hatten 319 Patienten (47,4 %) eine CIS- und 354 (52,6 %) eine MS-Diagnose. 88,6 % wurden leitliniengerecht mit einem immunmodulierenden Medikament behandelt. Eine EDSS-Verschlechterung war definiert als +1,5 Punkte bei einem Ausgangs-EDSS von 0, von +1,0 Punkte bei einem initialen EDSSWert von 1,0 bis 5,0 und von +0,5 bei einem Ausgangs-EDSS > 5,0.
Eine intrathekale IgG-Synthese (58,2 % der Patienten) ging der multivariaten Regressionsanalyse zufolge mit einem doppelt so hohen Risiko für eine EDSS-Verschlechterung nach vier Jahren einher (Odds Ratio: 2,02; 95 %-KI: 1,15 - 3,58; p = 0,01). Dieser Zusammenhang (als primärer Endpunkt) war unabhängig von der Schubinzidenz und der Art der verlaufsmodifizierenden Therapie.
Der Kaplan-Meier-Analyse zufolge bestand auch ein Zusammenhang mit einer früheren Verschlechterung: Nur vier Jahre nach Studienbeginn hatte sich eine Behinderungsprogression bei 28,4 % der Patienten mit IgG-Synthese eingestellt, aber nur bei 18,1 % der Patienten ohne diesen Liquorbefund.
Für IgM oder IgA (die bei 21,7 % bzw. 8,8 % der Patienten vorlagen) und auch andere routinemäßig bestimmte Liquorparameter als exploratorische Endpunkte der Studie fanden sich mit der EDSS-Verschlechterung keine Zusammenhänge. HL