Cannabis sativa enthält mehr als 100 Phytocannabinoide, schilderte der Pharmazeut Dr. Dennis Stracke, Berlin, und zahlreiche Terpenoide und Terpene. Therapeutisch besonders relevant sind Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD). Sie binden an CB1- und CB2-Rezeptoren und entfalten u. a. therapeutisch nutzbare analgetische, spasmolytische, antiemetische und appetitanregende Effekte.
Dem entsprechend werden für Cannabis- Präparate vielfältige Indikationen diskutiert. In ihrer PraxisLeitlinie nennt die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS) mit Empfehlungsgrad A chronischen Schmerz, nicht-tumorbedingten und Tumorschmerz, neuropathischen Schmerz und spastischen MS-Schmerz.
„Mittlerweile sind Cannabinoide im Alltag der Schmerz- und Palliativmedizin angekommen“, betonte Prof. Joachim Nadstawek, Bonn. In einer Zwischenauswertung der Cannabis-Begleiterhebung des BfArM (n = 3.138) wurden die Schmerzen mit Cannabis- Präparaten nach Einschätzung der Ärzte bei rund 36 % deutlich und bei 34 % moderat gebessert. Und in einer deutschen retrospektiven Kohortenstudie erreichten unter Cannabis-basierten Arzneimitteln mehr als die Hälfte der geriatrischen Schmerz- und Palliativpatienten eine Schmerzlinderung um > 30 % und jeder Zehnte um > 50 %. Bei mehr als einem Drittel wurden außerdem mehr als drei Symptome/Nebenwirkungen der Vortherapie positiv beeinflusst. Auch in der Behandlungspraxis, berichtete der Schmerztherapeut, „sehe ich unter Cannabinoiden eine deutliche Schmerzreduktion, teils auch bei niedrigen Dosen“.
Getrocknete Cannabisblüten können inhalativ angewendet werden, erläuterte Stracke. Cannabis-Vollextrakte in flüssiger Form lassen sich aufgrund definierter Konzentrationen bzw. Anteile von THC und CBD besser dosieren. „Ich steige fast immer mit Extrakten ein“, so Nadstawek, „und wechsle dann auf Blüten“. Seit 2017 ist die Verordnung von medizinischem Cannabis (nach Beantragung) auf Kosten der GKV möglich. JL