Lifestyle-Interventionen bei Migräne

Neuro-Depesche 4/2016

Hoch effektiv – wenn sie durchgehalten werden

Zertifizierte Fortbildung

Lifestyle-Faktoren im Sinne einer regelmäßigen Lebensführung (Schlaf, körperliche Übungen, Mahlzeiten) können das Auftreten einer Migräne unabhängig von anderen Faktoren beeinflussen. Die Relevanz dieser „Regular lifestyle behaviors” wurde bei Patienten mit chronischer und episodischer Migräne im Rahmen einer Fall-Referenz-Studie untersucht.

In die retrospektive Auswertung eingeschlossen wurden 175 Patienten mit chronischer Migräne (CM) und 175 mit episodischer Migräne (EM). Das Durchschnittsalter betrug 44,4 Jahre, 78% waren Frauen. Die mediane monatliche Attackenfrequenz lag bei 25 (CM) bzw. 5 (EM).
Die „Regular lifestyle behaviors“ (RLB) betrafen a) regelmäßige Schlafzeiten unter der Woche und am Wochenende, b) mind. 20 Min. täglich aerobe körperliche Übungen mit Herzfrequenzanstieg und c) regelmäßige Mahlzeiten-Einnahme und adäquate Flüssigkeitsaufnahme (zur Vermeidung einer Dehydrierung). Dichotom wurde zwischen Patienten unterschieden, die alle drei Bedingungen erfüllten (RLB+) oder nicht (RLB-).
In der CM-Gruppe war der Anteil an RLB+- Patienten mit 22% deutlich geringer als in der EM-Gruppe mit 69%. Dem entsprechend war die Wahrscheinlichkeit für RLB+ mit einer (unadjustierten) Odds Ratio (OR) von 0,13 bei den CM-Patienten erheblich geringer (p < 0,001). Umgekehrt betrachtet fanden sich in der RLB+-Kohorte mit 24,5% vs. 71,2% deutlich seltener CM-Patienten als in der RLB--Kohorte (Relatives Risiko: 0,34, (p < 0,0001).
Die absolute Risikoreduktion (ARR) einer CM betrug für die RLB+-Patienten (vs. RLB--Patienten) 46,7%, die relative Risikoreduktion (RRR) 65,6%. Die Number needed to treat (NNT) lag bei günstigen 2,14. Die Medikation als dritte Variable hatte hierauf keinen signifikanten Einfluss: Der Anteil an CM-Fällen war in der Med+-bzw. Med-- Gruppe mit 21,6% vs. 29% nicht signifikant unterschiedlich (adj. RR: 0,74; p = 0,28). Die CM-Wahrscheinlichkeit war unter RLB+/Med+-und RLB+/Med--Patienten ebenfalls ohne signifikanten Unterschied (adj. OR: 0,67; p = 0,29). Auch Depression und Angst wirkten sich auf den Zusammenhang nicht gravierend aus.
Das regelmäßige Essen und Trinken waren für die Patienten offenbar am leichtesten zu bewerkstelligen, die Körperübungen am schwierigsten. Unter den drei RLB-Komponenten – in denen die CM-Patienten stets schlechter abschnitten als jene mit einer EM – hatte der regelmäßige Schlaf den stärksten Einfluss. JL
Kommentar

Die niedrige NNT zeigt, dass nur etwa zwei Patienten alle drei RLB-Kriterien der regelmäßigen Lebensführung erfüllen müssen, um den Migränekopfschmerz wirksam zu kontrollieren bzw. sich vor der Entstehung einer chronischen Migräne zu schützen. Nicht näher dargestellte Daten belegen, dass die CM-Patienten mit RLB+ in dieser Studie häufiger zur EM-Patienten wurden. Die Modifizierung dieser Lifestyle-Faktoren, insbesondere des Schlafes, erscheint demnach ausgesprochen lohnenswert.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Woldeamanuel YW, Cowan RP: The impact of regular lifestyle behavior in migraine: a prevalence case-referent study. J Neurol 2016 [Epub 25. Jan.; doi:10.1007/s00415-016-8031-5]

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