Kinder mit ADHS

Neuro-Depesche 6/2012

Hirnbefunde bei niedrigem und hohem IQ

Trotz der definierten Kernsymptome erscheint die ADHS als eine Krankheit mit starker Heterogenität, was die Ätiologie und die Phänotypen angeht. Ein für Verlauf, Therapie und Prognose wichtiges Merkmal könnte die unterschiedliche Intelligenz der Betroffenen sein. Nun wurde an der Universität Utrecht in einer Querschnittsstudie bei Kindern mit ADHS die Hypothese untersucht, dass sich die Höhe des IQ unterschiedlich auf die ADHS-typischen neuroanatomischen Veränderungen auswirkt.

Bei 108 Kindern mit ADHS und 106 altersentsprechenden, regelgerecht entwickelten Kindern wurden wiederholt MRT-Aufnahmen zur Morphometrie angefertigt. In einer Subgruppe von 64 Kindern wurden zudem Diffusionstensor-Scans zur Messung der Gewebeintegrität (fraktionelle Anisotropie, FA) vorgenommen. Bestimmt wurden Parameter wie Hirnvolumen, Kortexdicken und die Struktur der weißen Substanz.

Die dimensionalen Analysen (ADHS/Kontrollen) ergaben mögliche Gruppenunterschiede zwischen den anatomischen Befunden und dem IQ. So waren das Volumen der grauen Substanz und die Mikrostruktur der weißen Substanz nach FA bei den Kontrollen wie erwartet positiv mit dem IQ (durchschnittl. 106,0) korreliert, nicht aber in der Patientengruppe (durchschnittl. 101,6). Letztere zeigten als Gesamtgruppe im Volumen der grauen Substanz, der Kortexdicke und den FA-Werten der weißen Substanz ungünstigere Werte, doch diese erreichten keine Signifikanz.

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Fazit
?! Intelligenz und ADHS-Erkrankung stellen Phänotypen mit einer starken, teils überlappenden genetischen Disposition dar, die sich auf die Hirnmorphologie auswirken könnten. Genau dies war hier der Fall: Die grundsätzlichen altersgerechten Relationen zwischen Hirnentwicklung und IQ sind bei ADHS-erkrankten Kindern verändert. So scheinen bei hohem IQ kleinere Volumenreduktionen des Hirnpar­enchyms vorzuliegen, die sich im Verlauf als weitgehend stabil erweisen. Bei niedrigem IQ dagegen zeigen die Betroffenen eine generell verzögerte Entwicklung kortikaler Regionen. Dies harmoniert mit dem Umstand, dass ADHS-Kinder Studienangaben zufolge einen um durchschnittlich 9 Punkte geringeren IQ aufweisen als Kontrollen. Dies kann sich sowohl auf das globale Funktionsniveau als auch auf Therapieresponse und Prognose negativ auswirken.

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