RRMS versus (seronegative) NMOSD

Neuro-Depesche 5-6/2022

Hilft die OCTA bei der Differenzialdiagnose?

Zertifizierte Fortbildung
Eine Optikusneuritis (ON) kann sowohl bei schubförmig remittierender Multipler Sklerose (RRMS) als auch bei Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen (NMOSD) auftreten. Da die richtige Diagnose für die Therapie entscheidend ist, wurde jetzt geprüft, ob sich die optische Kohärenztomographie (OCT) bzw. die OCT-Angiographie (OCTA) zur Unterscheidung der beiden Autoimmunerkrankungen eignet.
14 RRMS-Patienten (28 Augen) und neun NMOSD-Patienten (18 Augen) mit einer ON sowie elf Kontrollen ohne ON wurden ausgewertet. Seropositiv für Aquaporin-4 (AQP4)-Antikörper waren 44,4 % der NMOSD-Patienten, mehr als die Hälfte der Patienten (60 % der Augen) also negativ. Bei den NMOSD-Patienten war die ON eher bilateral und rezidivierend, bei den MS-Patienten eher unilateral und monophasisch.
Außer der OCT, die Unterschiede in der retinalen Nervenfaserschicht (RNFL) ergab, zeigte die OCTA bei den 15 Augen der NMOSD+ON-Gruppe gegenüber den 15 Augen der RRMS+ON- und den 22 Augen der Kontrollgruppe mehrere signifikante Unterschiede in den mikrovaskulären Anomalien der Retina.
 
Geringere pVD und mVD
So waren die peripapilläre und auch die makulare Gefäßdichte (pVD, mVD) in der OCTA bei den NMOSD+ON-Augen signifikant geringer als in den RRMS+ON- und auch als in den Kontrollaugen (je p < 0,001). Dabei unterschieden sich die RRMS+ON- und die Kontrollgruppe in pVD und mVD nicht signifikant voneinander. Bei den NMOSD+ON-Augen seronegativer Patienten war vor allem die pVD signifikant geringer als in den RRMS+ON-Augen mit monophasischer ON. .
 
Veränderte FAZ-Parameter
Außerdem wurden mittels OCTA Fläche, Umfang und Zirkularität der fovealen avaskulären Zone (FAZ) bestimmt. Bei den NMOSD+ON-Patienten waren Fläche und Umfang der FAZ kleiner als bei den RRMS+ON-Patienten und den Kontrollen (p = 0,010 bzw. p < 0,001). Die Zirkularität der FAZ war dagegen in allen drei Gruppen ähnlich. In den drei FAZ-Parametern fanden sich im Übrigen keine signifikanten Unterschiede zwischen AQP4-positiven und -negativen Patienten. Die FAZ-Fläche war in den Nicht-ON-Augen der NMOSD-Patienten kleiner als in den Augen der RRMS- und der Kontrollgruppe. JL
Fazit
Bei Patienten mit Optikusneuritis (ON) als Erstsymptom einer demyelinisierenden ZNS-Erkrankung kann die Differenzialdiagnose schwierig sein, insbesondere wenn der AQP-4-Antikörper-Test negativ ist. Sowohl OCT als auch OCTA zeigten erhebliche Unterschiede zwischen RRMS- und NMOSD-Patienten. Gerade die OCTA könnte ein nützlicher Biomarker sein, um eine NMOSD-ON von einer MS-ON zu unterscheiden.


Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle: Tiftikcioglu BI et al.: Optical coherence tomography angiography (OCTA) in differential diagnosis of aquaporin-4 antibody seronegative NMOSD and multiple sclerosis. Mult Scler Relat Disord 2022; 58 [Epub 10. Jan.; doi: 10.1016/j.msard.2022.103503]

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