AQP4-positive NMOSD oder MS?

Neuro-Depesche 11-12/2021

Helfen spezifische MRT-Muster bei der Unterscheidung?

Angesichts der sehr unterschiedlichen Behandlungen der Neuromyelitis optica Spectrum Disorder (NMOSD) und der Multiplen Sklerose (MS) sollten die Partienten möglichst rasch diagnostiziert werden. Da sich klinische und MRT-Befunde von NMOSD- und MS-Patienten oft überschneiden, bedarf es Kriterien, die eine möglichst frühe Differenzierung der beiden Krankheiten erlauben. Dies könnte nach einer australischen Studie mithilfe spezifischer MRT-Muster gelingen.
Es wurden Bilddaten von 166 Patienten mit AQP4-positiver NMOSD und 168 alters- und geschlechtsangepassten MS-Patienten ausgewertet. In der Summe war die Läsionslast bei der MS deutlich höher. Trotz kürzerer Krankheitsdauer (3,8 vs. 12,1 Jahre) waren die NMOSD-Patienten stärker behindert (EDSS: 4 vs. 2). Aus den Unterschieden wurden teils mittels maschinellen Lernens Vorhersagemodelle entwickelt.
 
NMOSD-assoziierte Läsionen
Jeweils mit einer signifikant höheren Wahrscheinlichkeit (Odds Ratio, OR) für eine AQP4+NMOSD gingen einher a) über > 3 Segmente ausgedehnte Rückenmark (RM)-Läsionen (OR: 203), kleine intramedulläre „Bright spotty“-T2-Läsionen (OR: 93,8), transverse (OR: 57,8) oder Gd-anreichernde RM-Läsionen (OR: 28,6) sowie b) bilaterale oder Gd-positve Sehnervenläsionen (OR: 31,3 bzw. OR: 15,4) und c) Hirnstamm-Läsionen im Nucleus tractus solitarii (OR: 19,2) und periaquäduktale (OR: 16,8) oder hypothalamische Hirnläsionen (OR: 7,2).
 
Läsionsmuster bei MS
Jeweils mit einer signifikant höheren MS-Wahrscheinlichkeit – hier ausgedrückt als niedrigere AQP4+ NMOSD-Wahrscheinlichkeit – assoziiert waren ovoide T2-Hirnläsionen (OR: 0,029), Dawson-Finger (OR: 0,031) und Läsionen im pyramidalen Corpus callosum (OR: 0,058) sowie periventrikulär (OR: 0,136) und im Temporallappen gelegene T2-Läsionen (OR: 0,137) sowie „schwarze Löcher“ in der T1-gewichteten MRT verschiedener Hirnregionen (OR: 0,154).
 
Genaue Voraussage möglich?
Ein auf den unterschiedlichen Mustern beruhender Algorithmus konnte allein anhand der allerersten verfügbaren MRT-Bilder NMOSD-Patienten zu 87 % und MS zu 84 % identifizieren . HL
Fazit
Anhand dieser MRT-Bildmuster konnten ca. 85 % aller Fälle sehr früh korrekt einer AQP4+-NMOSD und einer MS zugeordnet werden. Würden noch klinische Merkmale und Biomarker hinzugefügt, dürfte die Differenzialdiagnose insgesamt deutlich leichter fallen.
Quelle: Clarke L et al.: MRI patterns distinguish AQP4 antibody positive neuromyelitis optica spectrum disorder from multiple sclerosis. Front Neurol 2021; 12: 722237 [Epub 9. Sep.; doi: 10.3389/fneur.2021.722237]
ICD-Codes: G36.0

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