Randomisierte, placebokontrollierte Studie

Neuro-Depesche 11-12/2020

Helfen Probiotika wirklich gegen die Obstipation?

Verringerte Darmmotilität und Obstipation können Frühsymptome des Parkinson-Syndroms sein und belasten die Patienten in späteren Krankheitsstadien oft erheblich. Nun wurde in einer randomisierten, placebokontrollierten Doppelblindstudie untersucht, ob Probiotika die Parkinson-assoziierte Obstipation bessern können.
IIn dieser malaysischen Single-Center- Studie wurden von 280 gescreenten Parkinson- Patienten 72 eingeschlossen. Sie hatten < 3 spontane Stuhlgänge (SBM) pro Woche in den letzten drei Monaten mit einer Symptomdauer von insgesamt mindestens sechs Monaten und erfüllten damit die Rom-IV-Kriterien für eine funktionelle Obstipation. Nach Randomisierung erhielten über vier Wochen 34 Patienten einmal täglich Probiotika-Kapseln mit acht Bakterienstämmen (Lactobacillus acidophilus, reuteri, gasseri und rhamnosus; Bifidobacterium bifidum und longum; Enterococcus faecalis und faecium), 38 Patienten erhielten Placebo-Kapseln.
Der primäre Endpunkt war die Veränderung der durchschnittlichen SBM pro Woche (nach Stuhltagebuch) während der letzten zwei Wochen der Intervention im Vergleich zu der zweiwöchigen Phase vor der Intervention. Zu den sekundären Zielgrößen gehörten Änderungen der Stuhlkonsistenz, des Schweregrads der Verstopfung und der obstipationsassoziierten Lebensqualität nach dem Fragebogen Patient Assessment of Constipation Quality of Life (PAC-QOL). Die Therapiezufriedenheit wurde anhand einer 4-Punkte-Likert- Skala bewertet. Außerdem wurden Veränderungen der Stuhlkonzentrationen an Calprotectin, einem Marker für entzündliche Darmprozesse, als explorativer Parameter erfasst.
 
Stuhlfrequenz und mehr …
Die Retentionsrate war hoch (95,8 %), nur drei der 72 Patienten brachen die Behandlung ab. Die SBM stieg unter der Probiotika- Therapie um 1,0 ± 1,2 / Woche an und nahm in der Placebogruppe um 0,3 ± 1,0 / Woche ab. Die mittlere Differenz von 1,3 SBM (95 %-KI: 0,8 bis 1,8) war auch signifikant (p < 0,001). Nach Korrektur auf mehrere Variablen wurden auch deutliche Verbesserungen der Stuhlkonsistenz (p = 0,009) und der Lebensqualität (p = 0,001) beobachtet.
Mit der Intervention zufrieden waren in der Probiotikagruppe 65,6 % der Patienten gegenüber nur 21,6 % derer unter Placebo (p < 0,001). Ein Patient (2,9 %) der Verumgruppe brach die Behandlung aufgrund eines nicht schwerwiegenden unerwünschten Ereignisses (Lethargie) ab. Die fäkalen Calprotectin-Spiegel änderten sich während der Studie und zwischen den Gruppen nicht signifikant. HL
Fazit
Diese Doppelblindstudie liefert eine Evidenz der Klasse I, dass Probiotika mit mehreren Stämmen bei Parkinson- Patienten die Zahl spontaner Stuhlgänge signifikant erhöhen können. Bei hoher Therapiezufriedenheit besserte sich u. a. auch die Lebensqualität der Behandelten. Die Autoren regen weitere Studien an, um die langfristige Wirksamkeit und Sicherheit der Probiotika zu untersuchen - und deren genauen Wirkmechanismus besser zu verstehen.
Quelle: Tan AH et al.: Probiotics for constipation in Parkinson‘s disease: A randomized placebo-controlled study. Neurology 2020 [Epub 12. Okt.; doi: 10.1212/WNL.0000000000010998]

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