Fahreignung von Patienten mit Epilepsie

Neuro-Depesche 9/2015

Häufiger in Verkehrsunfälle verwickelt?

Zertifizierte Fortbildung

Epilepsie-kranke Menschen ohne komplette Anfallsfreiheit unterliegen Einschränkungen der Fahreignung. Doch wie groß ist die Evidenz für diese Restriktion? In New York wurde anhand einer Studienauswertung untersucht, ob motorisierte Verkehrsteilnehmer mit Epilepsie tatsächlich häufiger in Unfälle verwickelt sind.

Es fanden sich sechs Studien mit Klasse-II-Evidenz und eine mit Klasse-III-Evidenz aus den USA, Kanada, Dänemark, Finnland und Grßbritannien.
Zwei Publikationen mit Patientenangaben zur Unfallhäufigkeit berichteten für autofahrende Epilepsie-Patienten (auf Fahrerjahre adjustiert) einen Trend zu einer geringeren Gesamtunfallrate gegenüber Daten der Allgemeinbevölkerung: die Studie mit Klasse-III-Evidenz mit einem relativen Risiko (RR) von 0,86 und eine Klasse-II-Studie mit einem RR von 1,00. In drei Klasse-II-Studien fand sich dagegen ein gegenüber der Bevölkerung tendenziell oder signifikant erhöhtes Verkehrsunfallrisiko: Nach Versicherungs-, Notaufnahme- und Ärztedaten mit einem RR von 1,62, nach Polizeistatistiken mit einem RR von 1,73 und nach Daten aus Sterbeurkunden mit einem RR von 7,01.
Allerdings zeigte eine Klasse-II-Studie zu Sterbedaten, dass Epilepsie-kranke Fahrer ein um 50% reduziertes Risiko für tödliche Verkehrsunfälle aufwiesen. Diese waren bei Personen mit anderen Erkrankungen (wie Diabetes) 26-fach und bei Menschen mit Alkoholmissbrauch sogar 156-fach wahrscheinlicher als bei Patienten mit Epilepsie. Direkte anfallsbedingte Unfälle waren insgesamt recht selten: Sie traten lediglich in einem von 2800 Fällen auf, doch die Studie mit diesem Resultat hatte keine sehr gute Methodik.
Insgesamt, so das Fazit, lässt sich auch anhand dieser Auswertung leider nicht zweifelsfrei bestimmen, ob das Risiko für Verkehrsunfälle bei Epilepsie-Patienten erhöht ist oder nicht. JL
Kommentar

Den Autoren zufolge lassen sich aus der Zusammenschau der Studien aufgrund zu großer methodologischer Unterschiede keine klaren Schlüsse ziehen. Für weitere Untersuchungen würden sie objektive Daten den subjektiven Angaben der Betroffenen vorziehen. Sie beklagen auch den Umstand, dass der Einfluss von Antiepileptika – vermutlich positiv hinsichtlich der Anfallsreduktion, negativ hinsichtlich Sedierung und kognitiver Einschränkungen – nicht geprüft wurde. Andere Untersuchungen hatten interessanterweise gezeigt, dass eine Nicht-Adhärenz das Verkehrsunfallrisiko verdoppeln kann.



Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle:

Naik PA et al.: Do drivers with epilepsy have higher rates of motor vehicle accidents than those without epilepsy? Epilepsy Behav 2015; 47: 111-4

Alle im Rahmen dieses Internet-Angebots veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen und Zweitveröffentlichungen, vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung, Verlinkung oder Weiterverbreitung in jedem Medium als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

x