Diagnostik der Narkolepsie Typ 1

Neuro-Depesche 9/2022

Grenzwert für Hypocretin-1-Spiegel erhöhen?

Die oft schwierige Diagnose einer Narkolepsie Typ 1 (NT1) basiert auf dem Vorliegen einer Kataplexie und/oder einem Hypocretin-1/Orexin-A-Spiegel im Liquor von ≤ 110 pg/ml. Jetzt wurde der diagnostische Nutzen intermediärer Hypocretin-1-Spiegel im Bereich von 111 - 200 pg/ml und typischer/atypischer Kataplexien bestimmt.
In die retrospektive Querschnittsstudie an niederländischen Schlafzentren wurden 355 Patienten mit exzessiver Tagesschläfrigkeit (EDS) eingeschlossen. Ihre Hypocretin-1 (HYPCR1)-Werte im Liquor waren bei 58,9 % niedrig (≤ 110 pg/ml), bei 35,8 % normal (> 200 pg/ml) und bei 5,3 % intermediär (111 - 200 pg/ml). Bei 271 Personen war der Kataplexietyp („typisch“ oder „atypisch“) bekannt. 342 der 355 Patienten erhielten eine Narkolepsie-Diagnose, unter ihnen 243 die einer NT1.
Unter den 16 Personen mit intermediären HYPCR1-Spiegeln hatte ein höherer Prozentsatz eine typische Kataplexie (n = 12; 75 %) als unter den 88 mit Spiegeln im Normbereich (n = 8; 9 %) (p < 0,05). Erstere erfüllten zugleich oder zusätzlich deutlich häufiger die diagnostischen Kriterien für eine NT1 in der Polysomnographie und/oder im Multiple Sleep Latency Test (MSLT) (50 % vs. 6 %, p < 0,001).
 
Optimaler Grenzwert
Anders betrachtet wiesen unter den 167 Personen mit typischer Kataplexie 88 % niedrige, 7 % mittlere und 5 % normale HYPCR1-Spiegel auf (p < 0,001). Die atypische Kataplexie bei 17 Teilnehmern war ebefalls mit einem Hypocretin-1-Mangel assoziiert, jedoch in geringerem Ausmaß. Das Vorliegen einer typischen Kataplexie und/oder positiver PSG- und MSLT-Befunde wurde in diesem Kollektiv am besten durch einen HYPCR1-Cutoff-Wert von 149,5 pg/ml vorausgesagt. Die Sensitivität betrug 93,0 %, die Spezifität 92,3 % und der Wrt der Area under the Curve [AUC] 0,952. HL
Fazit
Personen mit intermediären Hypocretin-1-Spiegeln oder typischer Kataplexie entsprechen häufiger den PSG- und MSLT-Kriterien für eine Narkolepsie als jene mit normalen Spiegeln oder atypischer Kataplexie. Darüber hinaus hat die typische Kataplexie eine viel stärkere Assoziation mit einem Hypocretin-1-Mangel als die atypische Kataplexie. Die Autoren schlagen vor, den diagnostischen Hypocretin-1-Grenzwert für NT1 auf 150 pg/ml zu erhöhen und das Vorhandensein einer klar definierten typischen Kataplexie den NT1-Diagnosekriterien hinzuzufügen.
Quelle: van der Hoeven AE et al.: Intermediate hypocretin-1 cerebrospinal fluid levels and typical cataplexy: their significance in the diagnosis of narcolepsy type 1. Sleep 2022; 45(5) [Epub 12. Mai; doi: 10.1093/sleep/zsac052]

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