Hand zeigt Effekte auf Raynaud-Symptome

Migräneprophylaxe mit CGRP-Antikörpern

Neuro-Depesche 7-8/2021

Gibt es Effekte auf Raynaud-Symptome?

CGRP-Antikörper haben sich in klinischen Studien und im Behandlungsalltag als sehr gut verträglich erwiesen. Nachdem CGRP eine der am stärksten vasodilatierenden körpereigenen Substanzen ist, werden die Antikörper bei Patienten mit kardiovaskulären Vorerkrankungen nicht oder nur nach strenger Indikationsstellung eingesetzt. Jetzt wurden in einer Kohortenstudie die Inzidenz und Schwere einer Raynaud-Symptomatik im Zusammenhang mit den neuen Migräneprophylaktika untersucht.
In die retrospektive Kohortenstudie wurden alle erwachsenen Migräne-Patienten des Mayo Clinic Health System eingeschlossen, die vom 18. Mai 2018 bis 15. Sept. 2020 mit CGRP-Antikörpern behandelt worden waren und deren Krankenakte eine Raynaud-Diagnose nach ICD-10 aufwies. Primärparameter war die Inzidenz mikrovaskulärer Komplikationen (z. B. Auftreten oder Verschlechterung von Raynaud-Symptomen, Ulzerationen und Gangrän/Nekrosen der Finger) nach Beginn der Behandlung mit Antikörpern gegen CGRP oder seinen Rezeptor.
 
Inzidenz und Schwere
Insgesamt konnten 169 Patienten im Durchschnittsalter von 46 Jahren (96,4 % Frauen) ausgewertet werden. Unter ihnen erlitten neun (5,3 %), allesamt weiblich, mikrovaskuläre Komplikationen. Sie traten 26 bis 365, durchschnittlich 163 Tage nach Therapiebeginn auf und bestanden in verschlimmerten/neuen Raynaud-Symptomen (n = 8). Eine Patientin zeigte eine Zunahme von Teleangiektasien im Gesicht und eine unterzog sich aufgrund einer gangränösen Nekrose einer distalen Fingeramputation. Bei fünf der neun Patientinnen (55,6 %) waren in den Krankenakten schon zuvor Raynaud-Symptome vermerkt worden (in drei Fällen primär, in zweien sekundär zu einer Sklerodermie). Bei den übrigen vier Patientinnen (44,4 %) wurde die Raynaud-Symptomatik erstmals beobachtet. Zeitlich mit den Komplikationen assoziiert waren die Einnahme von Erenumab (n = 68) in fünf und Galcanezumab (n = 79) in drei Fällen sowie Fremanezumab (n = 40) in einem Fall. Die Raynaud-Symptome waren bei fünf Patientinnen transient, nur bei drei der neun Frauen wurden die CGRP-Antikörper abgesetzt.
 
Gibt es Risikofaktoren?
Das Durchschnittsalter der Betroffenen betrug 40 Jahre, acht der neun Patientinnen (88,9 %) litten unter einer chronischen Migräne und vier unter einer (meist visuellen) Aura. Potenziellen Einfluss hatten u. a. die gleichzeitige Einnahme von Betablockern (hier 66,7 % vs. 55,0 %) und eine Raynaud-Verschlimmerung im Winter. Der Vergleich mit den 160 Nicht-Betroffenen ergab aber keine signifikanten Unterschiede in den demografischen oder klinischen Merkmalen und keine Risikofaktoren für die Komplikationen. HL
Fazit
Diese Studie legt nahe, dass mikrovaskuläre Komplikationen bei Migräne-Patienten unter einer Prophylaxe mit CGRP-Antikörpern selten sind. Da sich jedoch eine Raynaud-Symptomatik mit schweren Konsequenzen einstellen oder verschlechtern kann, raten die Autoren – trotz Einräumung etlicher Studienlimitationen – bei der Verordnung von CGRP-Antikörpern bei dieser Patientenklientel zur Vorsicht.
Quelle: Breen ID et al.: Evaluation of the safety of calcitonin gene-related peptide antagonists for migraine treatment among adults with Raynaud phenomenon. JAMA Netw Open 2021; 4(4): e217934 [Epub 1. April; doi: 10.1001/jamanetworkopen.2021.7934]
ICD-Codes: I73.0
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